Als Kinder erleben sie viel Gewalt, nach dem Verlassen der Gruppe verlieren sie oft alle nahen Menschen, heute sind sie bei schlechter Gesundheit. Das zeigt eine Studie der Universität Zürich zu 424 ehemaligen Zeugen Jehovas im deutschsprachigen Raum, die letzten November publiziert wurde.
Viel Gewalt in der Kindheit
Ehemalige Zeugen Jehovas erlebten in der Kindheit dreimal häufiger körperliche Gewalt, dreimal häufiger sexuelle Gewalt, sechsmal häufiger emotionale Gewalt und sechsmal häufiger emotionale Vernachlässigung als die Allgemeinbevölkerung.
Verordneter Kontaktabbruch nach Ausstieg
Nach Verlassen der Gruppe sind 77 % der ehemaligen Zeugen Jehovas von verordnetem Kontaktabbruch betroffen. Das bedeutet, dass Mitglieder, auch engste Familienangehörige wie Eltern und Kinder, den Kontakt zu den Ausgestiegenen abbrechen müssen. Jede dritte befragte Person hatte nach Verlassen der Gruppe Suizidgedanken, jede zehnte unternahm einen Suizidversuch.
Isolation und Stress während Mitgliedschaft
Während der Mitgliedschaft hatten 75 % der Befragten kaum oder keinen Kontakt zu Außenstehenden. Sie verbrachten durchschnittlich 15.8 Stunden pro Woche mit religiösen Aufgaben, 70 % der Befragten hatten nicht genügend Zeit für Arbeit, Familie oder Freizeit.
Schlechte Gesundheit auch Jahre später
Die befragten ehemaligen Zeugen Jehovas sind durchschnittlich 13 Jahre nach Verlassen der Gemeinschaft 40 % häufiger von chronischen Krankheiten und ein Drittel häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen als die Allgemeinbevölkerung. Sie weisen eine geringere Lebensqualität und ein höheres Stresslevel auf.
Studienergebnisse decken sich mit Erfahrungsberichten
Die alarmierenden Ergebnisse der Studie decken sich mit den Berichten von Ausgestiegenen. Diese zeigen, dass verordneter Kontaktabbruch Beziehungen und Familien zerstört und Menschen krank macht. Die Studie macht außerdem deutlich, welch extremer Gewalt Kinder und Jugendliche bei den Zeugen Jehovas ausgesetzt sind. Die Studienergebnisse sind ein Appell an Gesellschaft und Politik, gegen verordneten Kontaktabbruch vorzugehen und Kinder in vereinnahmenden Gemeinschaften besser zu schützen.
Studie der Uni Zürich: «Alarmierend»: Ehemalige Zeugen Jehovas packen aus 20minuten, 26.06.2024
Eine Studie der UniversitätZürich liefert alarmierenden Ergebnisse zu den Zeugen Jehovas. Diese Ergebnisse decken sich auch mit 80 Berichten von Ausgestiegenen bei «JZ Help». schaffhausen24, 27.06.2024
Studie der Uni Zürich – Sexuelle Übergriffe und körperliche Misshandlungen in den Familien der Zeugen Jehovas Freiburger Nachrichten, 30.06.2024
Emotionale und körperliche Gewalt in der Kindheit, Isolation und Stress während der Mitgliedschaft: Die Uni Zürich hat 424 ehemalige Zeugen Jehova befragt und teils schockierende Antworten erhalten. Kleine Zeitung, 25.06.2024
Als Kinder erleben sie Gewalt, nach dem Verlassen der Gruppe verlieren sie oft alle nahen Menschen, heute sind sie bei schlechter Gesundheit. Das zeigt eine Studie der Universität Zürich zu 424 ehemaligen Zeugen Jehovas im deutschsprachigen Raum vom letzten November. Radio Lichtenstein, 25.06.2024
Die Zeugen Jehovas der Niederlande haben gegen den Staat geklagt, weil dieser eine Untersuchung zum Umgang der Gemeinschaft mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder in Auftrag gegeben hatte. Die Zeugen Jehovas haben diese Klage verloren, wie am 13. Dezember 2023 bekannt wurde.
Zur Vorgeschichte
In den Niederlanden gründeten im Jahr 2018 ehemalige Zeugen Jehovas eine Organisation für Betroffene von sexuellem Kindesmissbrauch – Reclaimed Voices. Innerhalb kurzer Zeit sammelte die Organisation 276 Berichte über sexualisierte Gewalt gegen Kinder innerhalb der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas. Dazu gib es diese sehr empfehlenswerte Dokumentation mit deutschen Untertiteln.
Die schiere Anzahl von Betroffenen und auch ihre Geschichten bewegten die niederländische Öffentlichkeit sowie die Politik. In der Folge wurde die niederländische Regierung aktiv und forderte die Zeugen Jehovas auf, eine eigene unabhängige Untersuchung einzuleiten, was die Organisation verweigerte. Aus diesem Grund beauftragte die niederländische Regierung die Universität Utrecht, Vorfälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder sowie den Umgang der Organisation damit zu untersuchen.
Mindestens 751 Rückmeldungen wurden von der Universität Utrecht untersucht, s. diesen Artikel im Tagesspiegel vom Januar 2020. Die Zeugen Jehovas versuchten diesen Bericht – hier die deutsche Übersetzung der Zusammenfassung – zur Untersuchung im Januar 2020 gerichtlich zu verhindern, hatten aber keinen Erfolg. Der Bericht stellte der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas das denkbar schlechteste Zeugnis im Umgang mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder aus.
Im April 2021 wurde bekannt, dass die Organisation der Zeugen Jehovas versuchte, an die Gesprächsprotokolle der von Missbrauch Betroffenen, die gegenüber der Universität Utrecht Auskunft gegeben hatten, heranzukommen, was der Organisation jedoch verwehrt wurde.
Die Zeugen Jehovas haben schließlich den Staat Niederlande verklagt wegen der in Auftrag gegebenen Untersuchung durch die Universität Utrecht, aber verloren, wie am 13. Dezember 2023 bekannt wurde. Siehe dazu den Artikel unten.
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Gericht: Minister hat Zeugen Jehovas nicht diskriminiert
Der Minister für Justiz und Sicherheit hat die Zeugen Jehovas nicht diskriminiert, indem er 2018 und 2019 nur sie wegen des Umgangs mit Beschwerden über sexuellen Missbrauch innerhalb der Gemeinschaft überprüfen zu lassen. Dies hat das Gericht in Den Haag heute entschieden.
Nach Ansicht des Gerichts war es nicht notwendig, eine solche Untersuchung auch bei anderen kirchlichen Organisationen durchzuführen, da es zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen dafür gab, dass der Umgang mit solchen Beschwerden dort nicht in Ordnung war.
Die Zeugen Jehovas haben den niederländischen Staat wegen Diskriminierung verklagt, wie die Zeitschrift Trouw Anfang dieser Woche berichtete. Der Grund: Nur ihr Umgang mit sexuellem Missbrauch wurde von der Regierung untersucht, während andere religiöse Gruppen außenvor gelassen wurden. Der ehemalige Justizminister Sander Dekker hatte dies angeordnet. Die Zeugen Jehovas haben in den Niederlanden etwa 30.000 Mitglieder und ihren Hauptsitz in Emmen.
Stigmatisierung
Die Zeugen Jehovas waren der Ansicht, dass Dekker sich stigmatisierend über sie geäußert und durch die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen mehrere Grundrechte verletzt habe, nachdem die Universität Utrecht die Untersuchung durchgeführt hatte. Das Gericht befand, dass die Äußerungen des ehemaligen Ministers im Rahmen des Zulässigen lagen, auch wenn sie kritisch waren, wie aus dem Urteil hervorgeht.
Die Studie, um die sich dieser Rechtsstreit dreht, erschien 2020, nachdem aufgedeckt worden war, dass der Umgang mit Missbrauchsfällen innerhalb der Zeugen Jehovas zu wünschen übrig ließ. Laut den Opfern hatte die Handhabung mit der geschlossenen Kultur bei den Zeugen Jehovas zu tun. Die Glaubensgemeinschaft war mit den Schlussfolgerungen der Untersuchung überhaupt nicht einverstanden und versuchte, die Veröffentlichung des Berichts zu verhindern, verlor aber in der Berufung.
Maßnahmen gerechtfertigt
Minister Dekker war enttäuscht, dass der Vorstand der Zeugen Jehovas selbst keine Maßnahmen ergreifen wollte, um den Umgang mit Beschwerden über sexuellen Missbrauch zu verbessern. Er habe sich im Repräsentantenhaus dazu geäußert und genieße dort Immunität, sagte der Richter.
Die Zeugen Jehovas wollten ein Verbot von Äußerungen, Strategien oder Maßnahmen, die auf dem Bericht der Universität basieren. Der Richter erklärte jedoch, die vorgeschlagenen Maßnahmen seien gerechtfertigt und ausreichend sorgfältig ausgearbeitet.
Aktivistinnen und Aktivisten prangern in Japan die Menschenrechtsverletzungen an Kindern innerhalb der Zeugen Jehovas an. Die Regierung nimmt die angeprangerten Verstöße ernst, das öffentliche Interesse ist groß. Derweil reagiert die Wachtturm-Organisation der Zeugen Jehovas panisch.
In einer uns vorliegenden E-Mail vom 1. Dezember verschickte allem Anschein nach das Zweigbüro Zentraleuropa in Selters eine Bitte um Unterstützung an Mitglieder in wichtigen Funktionen. „Gesucht werden positive Statements von Behörden, aber auch von Fachleuten wie Schuldirektoren, Lehrern, Professoren, Akademikern“. Sie sollten sich, möglichst mit offiziellem Briefkopf, positiv zu den Zeugen Jehovas äußern: Zur ihrer Erfahrung zu Kindererziehung, dem Material der Organisation für Kinder oder positiven Beiträgen von Zeugen Jehovas-Jugendlichen in der Gesellschaft. Der Grund für dieses Ersuchen sei eine besorgniserregende Entwicklung in Japan, das Land sollte jedoch bitte nicht namentlich genannt werden.
Dieses recht hilflos wirkende Schreiben scheint damit die Reaktion der Organisation auf die gute Arbeit japanischer Kolleginnen und Kollegen zu sein, die Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Organisation der Zeugen Jehovas anprangern – und von Staat und Gesellschaft gehört werden. Hier einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen.
1. Gruppe von Anwälten prangert Menschenrechtsverletzungen an Kindern an
„Wir wollen die Verletzung der Menschenrechte von Anhängern der zweiten Generation stoppen“, so Jun Tabata, Mitglied der Anwaltsgruppe, die sich für Menschen, die in die Zeugen Jehovas hineingeboren sind, einsetzt (Zitat aus dem Artikel bei Sumikai vom 2. März 2023). Die Gruppe hatte Schilderungen Betroffener gesammelt, u.a. zum sogenannten Blutverbot und körperlicher Bestrafung, und in einem Bericht zusammengestellt. Diesen überreichte sie am 27. Februar 2023 ans Gesundheitsministerium. 77 von 78 Betroffenen gaben an, in ihrer Jugend körperliche Misshandlung erfahren zu haben.
Kurz zuvor, im Dezember 2022, hatte das Ministerium seine Richtlinien für den Umgang mit Missbrauch an Kindern von Angehörigen religiöser Gruppen veröffentlicht. Darin heißt es etwa, dass die Verweigerung von Bluttransfusionen einer Vernachlässigung gleichkomme. Zum Thema Blutverbot hatten die Zeugen Jehovas eine Presseerklärung herausgegeben, in der sie ihre ablehnende Haltung bekräftigten. Siehe dazu auch die Übersetzung des Artikels vom 28. Februar 2023 in UCA News.
Pressekonferenz zu Umfrage zu Missbrauchserfahrungen
Die Befragung zeichnete ein trauriges Bild des Aufwachsens als Zeuge-Jehovas-Kind:
Mehr als 80 % der Befragten gaben an, dass sie eine Karte bzw. Ausweis besassen, aus dem hervorgeht, dass die Eltern nicht wollen, dass ihren Kindern Bluttransfusionen verabreicht werden.
92 % Prozent der Befragten gaben an, Schlagen mit bloßen Händen, Linealen oder Gürteln erlebt zu haben.
96 % der Befragten gaben zudem an, dass sie an bestimmten Unterrichtsstunden und Schulveranstaltungen nicht teilnehmen durften .
All diese Themen wurden in Leitlinien des Gesundheitsministeriums vom Dezember 2022 als Kindesmissbrauch eingestuft.
Die Staatsministerin für Kinderfragen, Ayuko Kato, sagte auf einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung: „Kindesmissbrauch darf niemals toleriert werden, auch wenn er auf religiösen Überzeugungen beruht“ (s. Übersetzung des Artikels vom 21. November in The Asahi Shimbun).
Zum Thema Bluttransfusionsverbot berichteten die Medien auch über einen jungen Mann: Er musste als Kind auf eine notwendige Herzoperation acht Jahre lang warten bis zu seinem 18. Geburtstag, weil seine Eltern die Gabe einer Bluttransfusion ablehnten. Siehe dazu diesen englischen Artikel vom 21. November in The Asahi Shimbun.
Anhörung im Parlament
Am gleichen Tag als die Anwaltsgruppe den Bericht präsentierte, veranstaltete die wichtigste Oppositionspartei, die Demokratische Verfassungspartei Japans, eine Anhörung im Parlament.
Bei der Medienkonferenz kamen auch zwei ehemalige Mitglieder der Zeugen Jehovas zu Wort. Einer dieser Ehemaligen sagte aus, er habe als Verbindungsmitglied zu einer medizinischen Einrichtung Mitglieder angewiesen, Bluttransfusionen abzulehnen, obwohl er keine medizinischen Kenntnisse oder Qualifikationen besaß (s. Übersetzung des Artikels vom 21. November in The Asahi Shimbun).
2. Umfrage zu sexuellem Missbrauch durch die Gruppe JW Child Abuse Damage Archive
Eine Gruppe von ehemaligen Zeugen Jehovas, die sich JW Child Abuse Damage Archive nennt, überreichte am 7. November der Behörde für Kinder und Familien einen Bericht zu sexuellem Missbrauch innerhalb der Religionsgemeinschaft und forderte Massnahmen.
Das Ergebnis dieser Befragung zeigte ein verheerendes Ausmass von genannten sexuellen Übergriffen verschiedener Art:
Von den Befragten gaben 37 an, von Mitgliedern der Zeugen Jehovas sexuell missbraucht worden zu sein. 35 von ihnen waren zu diesem Zeitpunkt minderjährig.
Von den Befragten wurden 42, darunter 15 als Minderjährige, in einem Rechtskomitee gezwungen, von ihren sexuellen Erfahrungen zu erzählen. Über 60 % der Befragten gaben an, dass sie immer noch Schwierigkeiten haben, mit dieser Erfahrung fertig zu werden.
139 der Befragten gaben an, dass sie unangemessenen sexuellen Ausdrücken wie „Analsex“, „Sodomie“ und „Oralsex“ ausgesetzt waren, neben vielen anderen Dingen. Mehr als 80 % sagten, sie seien unter 12 Jahre alt gewesen, als sie zum ersten Mal von solchen Dingen hörten.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gilt es als sexueller Missbrauch, „wenn unter dem Deckmantel der Erziehung Materialien mit sexuell eindeutigem Inhalt gezeigt oder mündlich weitergegeben werden, die für das Alter der Person unangemessen sind“, und „wenn jemand gezwungen wird, mit Mitarbeitern einer religiösen Organisation über persönliche Erfahrungen im Zusammenhang mit seiner Sexualität zu sprechen“ (s. Übersetzung des Artikels vom 28. November in The Asahi Shimbun).
Medienkonferenz des JW Child Abuse Damage Archive
Am 28. November hielt die Gruppe in
Tokyo eine Medienkonferenz ab. Die Gründerin der Gruppe mit dem Pseudonym
Michiko, selbst Betroffene sexuellen Missbrauchs innerhalb der Zeugen Jehovas, sagte,
dass die Umfrage gemacht wurde, weil nur wenige Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs
im Lande erstattet würden, jedoch zahlreiche mutige Betroffene sich dazu in den
sozialen Medien äußerten.
An der Pressekonferenz in Tokyo nahm
auch ein Ältester, ebenfalls unter einem Pseudonym, teil. Er äußerte sich zu den
Vorgaben der Glaubensgemeinschaft: „Innerhalb der Organisation gab es eine
Regel, Probleme nur dann anzusprechen, wenn es zwei oder mehr Zeugen gab, was
oft dazu führte, dass Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die in einer
Umgebung ohne Aufsicht durch Dritte stattfanden, außer Acht gelassen wurden.“
„In Japan besteht die Verpflichtung, Kindesmissbrauch den Kinderberatungsstellen zu melden, aber anstatt dass die Ältesten entscheiden, eine Meldung zu machen, besteht das Verfahren darin, zuerst die japanische Zweigstelle anzurufen, um sich beraten zu lassen. Das wirft Fragen über die Absichten der Organisation auf“ (Zitate aus der Übersetzung des Artikels vom 28. November in The Asahi Shimbun).
Die große politische und gesellschaftliche Resonanz auf die Informationen japanischer Aktivistinnen und Aktivisten dürfte auch mit der kürzlichen Ermordung des ehemaligen Premierministers Shinzo Abe im Jahr 2022 zu tun haben. Der Täter war ein Mann, der sich als Opfer der Moon-Sekte verstand. Dieses Ereignis sensibilisierte die japanische Gesellschaft und Politik für die Gefahren vereinnahmender Gruppen. Dazu kommt, dass Japan sehr säkular ist und das Christentum eine untergeordnete Rolle spielt.
3. Schreiben vom Zweigbüro Zentraleuropa mit Bitte um Unterstützung
Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Entwicklungen in Japan kann man das uns vorliegende Schreiben von Selters als Versuch der Schadensbegrenzung verstehen.
wir schreiben euch heute in einer sensiblen und sehr eiligen Angelegenheit, in der wir euch gern um eure Mithilfe bitten möchten.
In einer kurzfristig angesetzten Besprechung haben wir heute
erfahren, dass wir das große Vorrecht haben, die Weltzentrale bei einem sehr
wichtigen Projekt zu unterstützen.
Was ist die Problemstellung? Unsere Brüder und Schwestern in Japan haben aktuell mit einem schwerwiegenden Problem zu kämpfen: Ein neues Ministerium, das erst ca. ein Jahr im Amt ist, geht bedauerlicherweise davon aus, dass die Kindererziehung von Jehovas Zeugen den Kindern schadet und sogar eine Art „Kindesmissbrauch“ darstellt. Das ist natürlich eine besorgniserregende Entwicklung.
Wie könnt ihr helfen? Gesucht werden positive Statements von Behörden, aber auch von Fachleuten wie Schuldirektoren, Lehrern, Professoren, Akademikern, etc. z. B. zu folgenden Themen:
Zur Erfahrung mit der Kindererziehung von Eltern, die Zeugen Jehovas sind allgemein (liebevolle, fürsorgliche, ausgewogene Erziehung, angemessenes Interesse an Kindern)
Zum Material für Kinder und Jugendliche auf jw.org
Über Kinder von Zeugen Jehovas (sind z.B. in der Schule nicht auffällig, sondern vorbildlich; nehmen keine Drogen, sind nicht kriminell; sind gut integriert, ausgeglichen etc.)
Über positive Beiträge unserer Jugendlichen in der Gesellschaft
Wir würden uns freuen, wenn ihr euch in eurer jeweiligen
Funktion selbst zu diesen Punkten äußert – möglichst auf mit einem offiziellen
Briefkopf, der eure aktuelle Funktion zeigt. Außerdem sind wir natürlich auch
sehr an weiteren Statements von Außenstehenden interessiert. Fallen euch
vielleicht Kollegen oder andere Personen ein, die in diesem Zusammenhang
fundierte Aussagen machen könnten? Falls ja, dann kontaktiert diese Personen
doch bitte schnellstmöglich und bittet sie um eine schriftliche Aussage (falls
möglich auch auf einem offiziellen Briefkopf). WICHTIG: In den gewünschten
Statements, die nicht lang sein müssen, soll nicht auf Japan Bezug genommen
werden sondern die Formulierung sollte eher allgemein gehalten sein. Auch
sollte am besten nicht an eine konkrete Person adressiert werden sondern „to
whom it may concern“ („Sehr geehrte Damen und Herren“ oder „an die zuständige
Stelle“).
Wenn ihr Außenstehende ansprecht, könntet ihr die Bitte
damit begründen, dass in einem asiatischen Land ein neugegründetes Ministerium,
das noch keine Erfahrung mit Jehovas Zeugen hat, aufgrund von
Falschinformationen Vorurteile ggü. unserer religiösen Minderheit hat. Sicher
würde ihnen die europäische Sicht hilfreich sein, da man hier bereits seit
Jahrzehnten Erfahrungen mit Jehovas Zeugen gesammelt hat. Wir bitten euch,
„Japan“ nicht zu erwähnen, aber die gewünschte Zielrichtung und die Dringlichkeit
der Anfrage zu verdeutlichen.
Deadline: Die Statements benötigen wir bereits im Laufe der nächsten Woche.
Wir betrachten es als ein Privileg, mit euch in diesem
wichtigen Bemühen zusammenzuarbeiten und so zur „Verteidigung und gesetzlichen
Befestigung der guten Botschaft“ beitragen zu können (Phil. 1:7). Bitte macht
diese Angelegenheit doch auch zum Gegenstand eurer persönlichen Gebete. Wir
sind völlig davon überzeugt, dass Jehova die gemeinsamen Bemühungen zur Ehre
seines Namens segnen wird (2. Kor. 10:4, 5; Jes. 54:17).
Noch eine Bitte zum Schluss: Behandelt die Informationen
bitte vertraulich und leitet diese E-Mail nicht ohne Rücksprache weiter!
Herzlichen Dank vorab für die wertvolle Unterstützung und
ein schönes Wochenende
Die Zeugen Jehovas weigern sich, ihren Mitgliedern Bluttransfusionen für deren Kinder zu gestatten und berufen sich dabei auf religiöse Gründe
Eine
in den USA ansässige christliche religiöse Gruppe in Japan hat ihren
Mitgliedern verboten, Bluttransfusionen für ihre Kinder während medizinischer
Behandlungen und in Notfällen durchzuführen, was gegen die Richtlinien der
Regierung verstößt, so eine japanische Anwaltsgruppe.
„Dies
ist ein ernstes Problem, bei dem es um das Leben von Kindern geht“, sagte
ein Anwalt der Anwaltskammer Tokio gegenüber Reportern, wie die Zeitung Yomiuri
am 27. Februar berichtete.
Die
Zeugen Jehovas – eine christliche Gruppe mit Sitz in den Vereinigten Staaten –
haben sich geweigert, ihren Mitgliedern Bluttransfusionen für ihre Kinder zu
gestatten, und dies mit religiöse begründet.
Berichten zufolge müssen die Kinder eine „Identifikationskarte“ bei sich tragen, die im Falle eines Unfalls oder eines anderen Notfalls Ärzt:innen und andere Personen darüber informiert, dass der bzw. die Karteninhaber:in aus religiösen Gründen zwar eine medizinische Behandlung, aber keine Bluttransfusionen erhalten möchte.
Kotaro
Tanaka, ein ehemaliges Mitglied der christlichen Gruppe, wies darauf hin, dass
die Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlung für Kinder,
einschließlich Bluttransfusionen, „eine Form von Missbrauch“ sei.
Tanaka
hatte eine Selbsthilfegruppe gegründet, die sich mit dem Problem der
verweigerten medizinischen Versorgung befasst, nachdem sich einige Mitglieder
der Zeugen Jehovas an ihn gewandt hatten, weil sie sich Sorgen um die
Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Kinder machten.
Die
Unterstützungsgruppe besteht aus 15 Anwält:innen und Ärzt:innen, von denen
sechs ehemalige Mitglieder sind, die als Zeugen Jehovas der zweiten Generation
aufgewachsen sind, berichtete die Zeitung Asahi.
Die
Gruppe hat einen Bericht zu diesem Thema erstellt, der am 27. Februar den
Behörden zur weiteren Bearbeitung übergeben wurde.
In 77
der 78 untersuchten Fälle gaben die Betroffenen an, dass sie in ihrer Jugend
ausgepeitscht und gezwungen wurden, die Lehren der Organisation zu glauben.
Die
eklatante Verweigerung dringend benötigter medizinischer Versorgung durch die
religiöse Gruppe ist weit verbreitet, obwohl das Ministerium für Gesundheit,
Arbeit und Soziales klare Richtlinien herausgegeben hat, die es Japans
Gemeinden ermöglichen sollen, Kinder vor Schaden aufgrund religiöser
Überzeugungen zu bewahren.
Zuvor
hatte die Gruppe der Zeugen Jehovas als Reaktion auf die Richtlinien der
Regierung eine Presseerklärung herausgegeben, in der sie ihre Haltung zu dieser
Praxis bekräftigte.
In der
Presseerklärung hieß es, dass Eltern, die Anhänger der Zeugen Jehovas sind,
„die ernste Verantwortung verstehen, ihren Glauben an ihre Kinder
weiterzugeben und sie zu lehren, nach einer gesunden Moral zu leben“,
berichtete die Zeitung Yomiuri.
Im
Jahr 2000 entschied der Oberste Gerichtshof Japans, dass eine Person das Recht
hat, eine Bluttransfusion aufgrund ihrer religiösen Überzeugung abzulehnen.
Im
Jahr 2008 gaben die Japanische Gesellschaft für Transfusionsmedizin und
Zelltherapie und andere jedoch Richtlinien heraus, die besagen, dass
Bluttransfusionen bei Menschen unter 15 Jahren durchgeführt werden sollten,
wenn Lebensgefahr besteht, auch wenn sie oder ihre Eltern die Zustimmung
verweigern.
Ein
Verantwortlicher des japanischen Zweigs der Zeugen Jehovas erklärte, die gegen
sie erhobenen Vorwürfe seien falsch und irreführend.
„Es
gibt verzerrte Berichte und falsche Schlussfolgerungen, die nur auf Kommentaren
von verärgerten Personen beruhen, die früher mit [den Zeugen Jehovas] verbunden
waren, und solche Meinungen sind sachlich falsch“, berichtete die Zeitung
Asahi.
Laut der Website der Zeugen Jehovas gibt es in Japan 214.359 Prediger:innen, welche die Bibel lehren, und 2.893 Gemeinden.
159 berichten, als Zeugen Jehovas sexuell
missbraucht worden zu sein
Laut einer von einer Gruppe von Ehemaligen durchgeführten Umfrage berichteten derzeitige und ehemalige Zeugen Jehovas über 159 Fälle von sexuellem Missbrauch durch Mitglieder, viele davon durch Personen in Führungspositionen.
Die Gruppe ehemaliger Anhänger der
zweiten Generation, die sich „JW child abuse damage archive“ nennt,
gab die Ergebnisse am 7. November an die zuständigen Ministerien und Behörden
weiter.
Für den 28. November ist eine
Pressekonferenz geplant.
Die Mitglieder der Gruppe hoffen,
dass das Problem als soziale Herausforderung untersucht wird und als Weckruf
für Menschenrechtsverletzungen dient, die auch in anderen Religionen vorkommen
können.
In der Umfrage, zu der die Gruppe im
Juli online aufgerufen hatte, gingen 159 gültige Antworten ein.
Fünfunddreißig Befragte gaben an, als
Minderjährige von Anhängern sexuell missbraucht worden zu sein.
Der sexuelle Missbrauch, dem sie
ausgesetzt waren, umfasste 24 Fälle, in denen sie „über der Kleidung oder
direkt am Körper berührt wurden“, 11 Fälle, in denen sie „in
Unterwäsche oder nackt betrachtet oder fotografiert wurden“, neun Fälle,
in denen „Lippen, Zunge oder andere Körperteile auf den Körper gelegt
wurden“ und vier Fälle, in denen sie „zum Sex gezwungen wurden“.
Die Befragten hatten die Möglichkeit,
mehrere Antworten auszuwählen.
Neunzehn der Befragten gaben an, dass
es sich bei dem Täter um ein Mitglied in einer Autoritätsposition handelte, z.
B. um einen „Ältesten“, der ein regionaler Leiter ist, und um einen
„Dienstamtsgehilfen“, der den Ältesten hilft.
Als sie sexuell missbraucht wurden,
waren sieben der Befragten Vorschulkinder, 19 waren Grundschüler und die
restlichen neun waren Schüler der Junior High School oder älter.
Unabhängig davon gaben 139 Befragte
an, dass ihnen für ihr Alter ungeeignete Veröffentlichungen mit sexuell
eindeutigem Material gezeigt oder Geschichten mit sexuell eindeutigem Material
erzählt wurden.
Diese Handlungen werden nach den Ende
letzten Jahres veröffentlichten Leitlinien des Sozialministeriums als sexueller
Missbrauch betrachtet.
Darüber hinaus gaben 42 Befragte an,
dass sie gezwungen worden waren, mit Ältesten und anderen Personen über ihre
sexuellen Erfahrungen vor einer offiziellen Ausschussanhörung zu sprechen.
Die internationale christliche
Glaubensgemeinschaft, die in den 1870er Jahren in den Vereinigten Staaten
gegründet wurde, predigt, dass vorehelicher Sex in der Bibel verurteilt wird.
Gegenüber der Zeitung Asahi erklärten
die Zeugen Jehovas: „Wir dulden keinen Kindesmissbrauch in irgendeiner
Form. Insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern ist eine äußerst böse
Tat, und wir verabscheuen solche Taten“.
Laut der Website der Zeugen Jehovas
gibt es derzeit etwa 8,7 Millionen Mitglieder in 239 Ländern weltweit, mit etwa
214.000 getauften Mitgliedern in Japan.
In einem Interview sagte eine
38-jährige Befragte, sie sei im Alter von 9 bis 12 Jahren mehr als 100 Mal von
einem älteren Anhänger sexuell missbraucht worden.
Die ehemalige Anhängerin sagte, dass
sie sich jedes Mal deprimiert fühlte, wenn ein Diener der Zeugen Jehovas zu ihr
nach Hause kam. Ihre Eltern waren Mitglieder.
Der Mann, der damals etwa 25 Jahre
alt war, spielte mit ihr, und sie betrachtete ihn fast wie einen älteren
Bruder.
Als sie nicht mehr zur Schule ging
und tagsüber allein zu Hause blieb, begann der Mann, ihr zwei- bis dreimal pro
Woche Süßigkeiten zu bringen.
Eines Tages rieb der Mann ihren Bauch
über ihre Kleidung und fragte: „Geht es dir gut?“
Nach und nach begann er, seine Hände
unter ihre Kleidung zu stecken. Er berührte ihre Brüste, leckte über ihr
Gesicht und ihren Hals und küsste sie sogar.
Als sie etwa 12 Jahre alt war,
berührte er sie zwischen den Beinen.
Sie fühlte sich krank und hatte
Angst, aber sie konnte ihm nicht sagen, dass er aufhören sollte.
In Anbetracht seiner Stellung in der
örtlichen Gemeinde hatte sie das Gefühl, dass sie in Gefahr sein könnte, wenn
sich das herumspricht.
Die Frau lebte lange Zeit
zurückgezogen und zog von einem Job zum anderen. Sie wurde von zittrigen Händen
geplagt und hatte Schwierigkeiten zu schlafen.
Sie ist seit etwa zwei Jahren
beurlaubt, nachdem bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung und
Depressionen diagnostiziert worden waren.
„Sexueller Missbrauch an Kindern
sollte in der Gesellschaft nicht erlaubt sein, unabhängig von der Religion“,
sagte die Frau. „Ich möchte die Kirche fragen, wie sie Kinder schützen
will, wenn es innerhalb der Gemeinde sexuellen Missbrauch gibt“.
Miyako Shirakawa, eine Psychiaterin,
die Opfer von sexuellem Missbrauch behandelt, sagte, die Ergebnisse der Umfrage
seien wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs, aber sie seien von großer
gesellschaftlicher Bedeutung, da sie ein erster Schritt zum Verständnis des
tatsächlichen Ausmaßes des Problems seien.
„Ich war überrascht, dass so
viele Menschen in der Lage waren, sich zu äußern“, sagte sie.
Shirakawa hat Fälle von sexuellem
Missbrauch durch christliche Geistliche, entweder katholisch oder
protestantisch, einschließlich der Zeugen Jehovas, und durch buddhistische
Priester kennengelernt.
„Selbst wenn Opfer Missbrauch melden, wird ihnen oft nicht geglaubt, wenn der Täter eine Autoritätsposition innehat“, sagte sie. „Manchmal behindern auch religiöse Überzeugungen, wie etwa die, dass das Aussprechen von Missbrauch als Blasphemie und Verrat an der Kirche und Gott angesehen wird, die Offenlegung. Shirakawa sagte, dass die Zentralregierung oder eine dritte Organisation den Status von sexueller Gewalt in religiösen Gemeinschaften ermitteln sollte.
Umfrage: 80 % der Ex-Zeugen Jehovas haben eine „Kein-Blut-Karte“
Im Rahmen einer Umfrage, die den
Missbrauch unter den Zeugen Jehovas dokumentiert, geben 81 Prozent der Anhänger:innen
der zweiten Generation an, Karten zu besitzen, die ihre Weigerung,
Bluttransfusionen zu erhalten, belegen.
Laut der Umfrage, die von einem Team
von Anwälten veröffentlicht wurde, gaben mehr als 90 Prozent der Befragten an,
dass sie körperliche Misshandlungen, wie z. B. Auspeitschungen, erlebt haben.
„Es gibt Berichte, dass diese
missbräuchlichen Praktiken seit mehreren Jahrzehnten an verschiedenen Orten
durchgeführt werden, was auf eine Kontinuität und einen systematischen
Charakter (des Missbrauchs) hindeutet“, berichtete einer der Anwälte.
Kotaro Tanaka, ein Anwalt des
Untersuchungsteams, sagte auf einer Pressekonferenz am 20. November: „Die
Mitglieder wurden schon als Kinder missbraucht. Sie könnten noch
jahrzehntelang, manchmal ihr ganzes Leben lang, Menschenrechtsverletzungen
ausgesetzt sein.
„Es ist notwendig, diese ernste
Realität zu verstehen und als Gesellschaft Wege zu finden, den Missbrauch zu
stoppen“, sagte er.
Das Untersuchungsteam legte seinen
Bericht der Behörde für Kinder und Familien vor.
Ayuko Kato, Staatsministerin für Kinderpolitik,
sagte auf einer Pressekonferenz nach einer Kabinettssitzung:
„Kindesmissbrauch darf niemals toleriert werden, auch wenn er auf
religiösen Überzeugungen beruht.“
Die wichtigste Oppositionspartei, die
Demokratische Verfassungspartei Japans, veranstaltete am 20. November eine
Anhörung im Parlament, an der zwei ehemalige Mitglieder teilnahmen, die in
einer Familie von Zeugen Jehovas geboren wurden.
Einer von ihnen sagte aus, er sei ein
„Verbindungsmitglied zu einer medizinischen Einrichtung“ und habe
Anhänger:innen angewiesen, Bluttransfusionen abzulehnen, obwohl er keine
medizinischen Kenntnisse oder Qualifikationen besaß.
Das Juristenteam, das ehemaligen
Zeugen Jehovas sowie Kindern von Mitgliedern rechtlichen Beistand leistet,
führte die Umfrage über angeblichen Kindesmissbrauch im Zusammenhang mit den
religiösen Überzeugungen der Glaubensgemeinschaft durch.
Sie baten zwischen Mai und Juni um
Antworten von Anhängern und ehemaligen Anhängern über ihre Website und Experten
zum Thema Zeugen Jehovas der zweiten Generation. Insgesamt haben 581 Personen
geantwortet.
In der Umfrage wurde unter anderem
nach der Verweigerung von Bluttransfusionen, körperlichen Übergriffen wie
Auspeitschungen, Zwangspropaganda und Einschränkungen bei sozialen
Interaktionen gefragt.
In den Ende letzten Jahres
veröffentlichten Leitlinien des Gesundheits- und Wohlfahrtsministeriums, in
denen Kindesmissbrauch durch religiöse Eltern definiert wird, wurden all diese
Themen als Kindesmissbrauch eingestuft.
Einige der Fragen zielten auf
Menschen ab, die in Familien von Religionsanhängern geboren wurden. Das Team
befragte diejenigen, die unter 18 Jahre alt waren, als sie an den religiösen
Aktivitäten teilnahmen.
Mehr als 80 Prozent der Befragten
gaben an, dass sie entweder eine Karte zur Verweigerung von Bluttransfusionen
oder einen Ausweis besitzen, aus dem hervorgeht, dass die Eltern nicht wollen,
dass ihren Kindern Bluttransfusionen verabreicht werden.
Unter den Anhänger:innen wird das
Schlagen mit bloßen Händen, Linealen oder Gürteln als „Auspeitschen“
bezeichnet. Zweiundneunzig Prozent der Befragten gaben an, dass sie dies schon
einmal erlebt haben.
Außerdem gaben 96 Prozent der
Befragten an, dass sie an bestimmten Unterrichtsstunden und
Schulveranstaltungen nicht teilnehmen durften.
Als Reaktion auf die Studie erklärten
die Zeugen Jehovas gegenüber der Asahi Shimbun: „Wir zwingen Kindern
unsere Religion nicht auf und dulden keinen Kindesmissbrauch.“
(Dieser Artikel wurde von Amane Shimazaki, Senior Staff Writer, Ryuichi Kitano und Yuki Kawano geschrieben).
Kinder von Zeugen Jehovas legen Bericht über sexuellen Missbrauch vor
Eine Gruppe von Kindern der Zeugen
Jehovas (ehemalige Zeugen Jehovas der zweiten Generation, Anm. JZ Help) hat am
Dienstag einen Bericht über sexuellen Missbrauch innerhalb der religiösen
Organisation bei der Behörde für Kinder und Familien eingereicht und gefordert,
dass Maßnahmen ergriffen werden.
Der Bericht basiert auf einer
Umfrage, die vom JW Child Abuse Damage Archive in sozialen Medien durchgeführt
wurde. Er besagt, dass die häufigsten Täter sexuellen Missbrauchs
„einfache Zeugen“ und „Älteste“ waren. 35 der Befragten,
die zum Zeitpunkt des Missbrauchs minderjährig waren, gaben an, dass sie
glauben, von Mitgliedern der Organisation sexuell missbraucht worden zu sein.
„Während einer Zusammenkunft in
unserem Haus kam ein Zeuge in mein Zimmer, ließ uns allein, drückte mich auf
das Bett und hatte fast Geschlechtsverkehr mit mir“, sagte einer der
Befragten.
Solche Vorfälle ereigneten sich
zumeist in den Wohnungen der Opfer und in Versammlungssälen oder
Königreichssälen, die als Orte der Religionsausübung der Zeugen Jehovas dienen.
Mehr als 90 % der Übergriffe wurden von Mitgliedern derselben Versammlung
verübt, die sich regelmäßig traf.
Darüber hinaus wurden 42 Befragte,
darunter 15 Minderjährige, gezwungen, den Ältesten in einem Rechtsausschuss –
der die angeblichen Sünden eines Zeugen untersucht – von ihren sexuellen
Erfahrungen zu erzählen, und sie empfanden es als eine Form des sexuellen
Missbrauchs, über solche Dinge zu sprechen. Über 60 % der Befragten gaben an,
dass sie immer noch Schwierigkeiten haben, mit dieser Erfahrung fertig zu
werden.
Unter anderem gaben 139 Befragte an,
dass sie unangemessenen sexuellen Ausdrücken wie „Analsex“, „Sodomie“
und „Oralsex“ ausgesetzt waren, neben vielen anderen Dingen.
Insgesamt 137 Befragte berichteten, dass sie noch minderjährig waren, als sie
zum ersten Mal mit solchen Begriffen konfrontiert wurden, wobei 35 % der
Befragten sagten, sie seien unter 6 Jahre alt gewesen, und mehr als 80 %
sagten, sie seien unter 12 Jahre alt gewesen.
Nach Angaben des Ministeriums für
Gesundheit, Arbeit und Soziales gilt es als sexueller Missbrauch, „wenn
unter dem Deckmantel der Erziehung Materialien mit sexuell eindeutigem Inhalt
gezeigt oder mündlich weitergegeben werden, die für das Alter der Person
unangemessen sind“, und „wenn jemand gezwungen wird, mit Mitarbeitern
einer religiösen Organisation über persönliche Erfahrungen im Zusammenhang mit
seiner Sexualität zu sprechen“.
Das JW Child Abuse Damage Archive
führte die einmonatige Umfrage im Juli durch, indem es auf der
Social-Media-Plattform X um Antworten bat, wobei zwei Kinderpsychologen die
Ergebnisse überprüften. Es gingen 159 gültige Antworten ein.
Im Anschluss an die Umfrage wurden 11
Personen zwischen dem Ende der Umfrage und dem 18. Oktober sowohl online als
auch persönlich interviewt.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag
sagte die Gründerin der Gruppe, die sich für das Pseudonym Michiko entschieden
hat, dass die Umfrage ins Leben gerufen wurde, weil nur wenige Anzeigen wegen
sexuellen Missbrauchs im Lande erstattet werden.
„Aber gleichzeitig gibt es
zahlreiche mutige Menschen, die ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen bei
den Zeugen Jehovas in den sozialen Medien teilen. Ich selbst bin eine
Überlebende von sexuellem Missbrauch in der Kindheit bei den Zeugen
Jehovas“, fügte sie hinzu.
Ein Ältester der Zeugen Jehovas der
zweiten Generation, der unter dem Pseudonym Yuuki auftritt, sagte, dass die
Leitung der religiösen Organisation im Umgang mit Berichten über sexuellen
Missbrauch nachlässig war und dass die Organisation sich darauf konzentrierte,
ihren Ruf zu wahren und die rechtliche Verantwortung zu vermeiden“.
„Innerhalb der Organisation gab
es eine Regel, Probleme nur dann anzusprechen, wenn es zwei oder mehr Zeugen
gab, was oft dazu führte, dass Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die
in einer Umgebung ohne Aufsicht durch Dritte stattfanden, außer Acht gelassen
wurden“, sagte Yuuki.
„In Japan besteht die Verpflichtung, Kindesmissbrauch den Kinderberatungsstellen zu melden, aber anstatt dass die Ältesten entscheiden, eine Meldung zu machen, besteht das Verfahren darin, zuerst die japanische Zweigstelle anzurufen, um sich beraten zu lassen. Das wirft Fragen über die Absichten der Organisation auf“, fügte er hinzu.
Ex-Zeugen-Jehovas können die Anhörungen zum vorehelichen Sex nicht vergessen
Ehemalige Zeugen Jehovas sagten, dass sie immer
noch unter den aufdringlichen Fragen über ihre sexuellen Erfahrungen leiden,
die ihnen als Teenager von Leitern der religiösen Organisation gestellt wurden.
Bei der internationalen christlichen
Glaubensgemeinschaft werden die Mitglieder von regionalen Leitern, den so
genannten Ältesten, vor einem Justizkomitee verhört, wenn sie im Verdacht
stehen, gegen Regeln wie das Verbot von vorehelichem Sex zu verstoßen.
Zweiundvierzig derzeitige und ehemalige
Anhänger:innen gaben an, sie seien gezwungen worden, vor einer
Ausschussanhörung über sexuelle Erfahrungen zu sprechen, so eine Umfrage einer
Gruppe ehemaliger Anhänger der zweiten Generation, genannt „JW child abuse
damage archive“.
Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, dass
sie sich aufgrund der Ereignisse bei den Anhörungen in ihrem Leben immer noch
unwohl fühlen.
Eine ehemalige Anhängerin der zweiten Generation
in ihren 40ern sagte, sie sei bei einer Anhörung des Justizausschusses über
ihre Beziehung zu ihrem Freund befragt worden, als sie 18 war.
Während der zweistündigen Anhörung wurde sie
gefragt, wie oft sie Sex hatte und zu welchen Zeiten und an welchen Tagen dies
geschah.
Die Fragen betrafen Details wie die Anzahl der
Minuten, die er in sie eingedrungen ist, und ob sie Lust empfunden hat.
Die Frau sagte, sie sei angewidert und sogar
angeekelt gewesen, als sie beobachtete, wie die Ältesten zuhörten und sich
Notizen machten.
„Ich wusste zwar, dass es seltsam war, aber
ich habe mir auch irgendwie selbst die Schuld gegeben“, sagte sie.
„Ich möchte betonen, dass so etwas Bizarres nie passieren sollte.“
Ein 33-jähriger ehemaliger Anhänger der zweiten
Generation sagte, seine Mutter habe herausgefunden, dass er mit einer
Ungläubigen zusammen war, als er 16 Jahre alt war, und ihm gesagt, er solle zu
einer Komitee-Anhörung gehen.
In einem Raum in einer Versammlungshalle fragten
ihn vier Älteste unter anderem, mit welcher Art von Person er zusammen sei und
wann und wo er Geschlechtsverkehr gehabt habe.
Es war ihm peinlich und er fand es seltsam, dass
man ihn zwang, in der Öffentlichkeit über solche Dinge zu sprechen. Aber die
Atmosphäre erlaubte es ihm nicht, zu protestieren.
„Es war einfach abnormal, auch wenn es
religiösen Zwecken dient“, sagte der Mann.
Als Reaktion auf die Anschuldigungen erklärten
die Zeugen Jehovas gegenüber der Asahi Shimbun: „Es gibt keine speziellen
Verfahren zur Bestätigung (dessen, was die Anhänger vor dem Gerichtsausschuss
taten), und wir zwingen sie nicht, über ihre sexuellen Erfahrungen zu
sprechen.“
Die Gruppe zur Aufarbeitung von Kindesmissbrauch
bei den Zeugen Jehovas veröffentlichte am 28. November die Ergebnisse ihrer
Umfrage unter derzeitigen und ehemaligen Anhängern über sexuellen Missbrauch
und Belästigung innerhalb der Organisation.
Sie erhielt 159 gültige Antworten.
Siebenunddreißig Befragte gaben an, von Anhängern
sexuell missbraucht worden zu sein. Fünfunddreißig von ihnen waren zu diesem Zeitpunkt
minderjährig.
Ein aktueller Zeuge Jehovas in seinen 40ern, der
als Ältester dient, nahm an der Pressekonferenz der Gruppe in Tokio teil.
„Die eigenen Regeln der Organisation haben dazu beigetragen, ein Umfeld zu schaffen, in dem sexueller Missbrauch leicht vorkommen kann, und auch die Hürde für die Opfer zu erhöhen, sich zu äußern“, sagte er in einem Interview.
„Anwälte in Japan gründen Organisation zur Unterstützung von Kindern von Anhängern der Zeugen Jehovas“ NHK – World Japan vom 20. November 2023 – Video in Englisch
„92 % have gotten whipped and 81 % held „No blood transfusion“ cards at Jehovah’s Witnesses“ NTV News 24 vom 21. November 2023 – Video in Englisch
Ein Ältester der Zeugen Jehovas behauptet, er sei dazu aufgefordert worden, vertrauliche Dokumente der Gemeinschaft zu vernichten, darunter auch solche, die sich auf Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch beziehen. Der Informant, dessen Namen die RNZ nicht nennen will, um seine Identität zu schützen, weil er Repressalien fürchtet, war ein Ältester. Am 9. März 2021 wurde er nach eigenen Angaben von einem Vorgesetzten aufgefordert, alle „Rechtsfälle“ in den vertraulichen Akten seiner Versammlung auf persönliche Notizen hin zu überprüfen und diese zu vernichten. Bei den Rechtsfällen handelt es sich um Akten der Organisation, die sich auf Anhörungen des „Rechtskomitees“ beziehen, ein internes Verfahren, das dazu dient, die Sanktionen für „Verfehlungen“, einschließlich sexuellen Missbrauchs von Kindern, zu sprechen. Der Älteste, der diese Behauptung macht, ist inzwischen aus der Gemeinschaft ausgetreten. Es ist eine Straftat, „potenziell relevante Informationen“ für die „Royal Commission of Inquiry into Abuse in Care“ zu vernichten, an der Zeugen Jehovas beteiligt sind, da im März 2019 ein Moratorium verhängt wurde.
Die Gemeinschaft weist jeden Verdacht einer Straftat „entschieden zurück“ und sagt, sie habe die Anweisungen der Kommission zur Aufbewahrung von Unterlagen „sorgfältig befolgt“.
„Rechtsverfahren“ der Kirche
Die Vorwürfe fallen mitten in die Zeit, in der bekannt wurde, dass es elf aktive Zeugen Jehovas gibt, die wegen sexuellen Kindesmissbrauchs verurteilt wurden oder gegen die schwere Anschuldigungen erhoben wurden. Die meisten Mitglieder der Religionsgemeinschaft scheinen keine Ahnung zu haben, wer die Straftäter sind. Wenn ein Vorwurf des Kindesmissbrauchs erhoben wird, führen die Kirchenältesten eine schriftgemäße Untersuchung durch, um die Schuld zu ermitteln. Nach den Richtlinien der Kirche, die sich auf die Bibel stützen, müssen ein Geständnis des Täters oder mindestens zwei Augenzeugen des Vorfalls vorhanden sein. Sobald die Schuld festgestellt ist, halten drei Älteste ein Rechtskomitee mit dem Sünder bzw. der Sünderin ab, um zu entscheiden, ob er oder sie Reue zeige. Falls ja, kann die Person in der Gemeinde bleiben, aber bestimmte Privilegien werden ihr entzogen. Falls sie nicht reumütig ist, wird sie wahrscheinlich „ausgeschlossen“ (disfellowshipped) oder exkommuniziert und geächtet (shunned). Die einzige detaillierte Dokumentation jeder Untersuchung sind die „persönlichen Notizen“, die von den Ältesten, die den Ausschuss leiten, angefertigt werden. Der Informant sagte, die Anweisung eines Ältesten im März 2021 sei „nur ein Reminder“ bzgl. der Richtlinie der Organisation vom August 2019 gewesen, persönliche Notizen zu vernichten. „Aber sie wollten ausdrücklich, dass jeder Älteste sich vergewissert, dass er die Vorschriften noch einhält. In meinem Fall hatte ich keine persönlichen Notizen, also musste ich auch keine vernichten“, sagte er. Bis zur Änderung der Policy enthielten die versiegelten Umschläge mit den offiziellen Formularen des Rechtskomitees der Gemeinschaft auch persönliche Notizen der Ältesten zu einem bestimmten Fall. Im Ausland wurden diese Notizen in Fällen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder als Beweise herangezogen. Eines Abends, zehn Tage nach Erhalt dieser Anweisungen, wurde der Informant nach eigenen Angaben gebeten, dringend in den Königreichssaal zu kommen. Älteste aus anderen Versammlungen, die sich denselben Saal teilten, wurden ebenfalls gebeten zu kommen. Jeder sammelte die vertraulichen Akten seiner Versammlung ein und sie wurden in getrennte Räume gebracht, berichtete er. Dort erhielt er einen Anruf vom regionalen Hauptsitz der Organisation in Sydney – intern als „Zweigstelle“ bezeichnet -, der alle neuseeländischen Gemeinden beaufsichtigt, mit der Aufforderung, alle Akten über sexuellen Kindesmissbrauch zu öffnen und erneut zu prüfen, ob sich in den versiegelten Umschlägen persönliche Notizen befänden. Er hatte nur einen einzigen Fall von sexuellem Kindesmissbrauch in seiner vertraulichen Akte, und diese enthielt keine persönlichen Notizen. „Ich nehme an, wenn es welche gegeben hätte, wäre ich angewiesen worden, sie sofort zu vernichten.“ Damals habe er nichts vom Moratorium bzgl. der Vernichtung von allem, was mit der Royal Commission in Verbindung stehen könnte, gewusst, er habe auch nichts von der Anweisung gewusst, persönliche Notizen zu überprüfen und zu vernichten, führte er aus. „Ich dachte einfach, es handle sich um eine Verwaltungsaufgabe. Die Ältesten vertrauen den Anweisungen, die von der Rechtsabteilung des Zweigbüros kommen, blind.“ Erst später, als er erfuhr, wie die Organisation mit Anschuldigungen zu Kindesmissbrauch in Australien umgegangen war, wurde ihm klar, dass die persönlichen Notizen wichtige Informationen enthalten könnten – darunter die Namen der Opfer und Einzelheiten über mutmassliche Straftaten -, die vor Gericht als Beweismittel verwendet werden könnten. „Ich war zutiefst erschüttert, weil mir klar wurde, wie nahe ich daran war, gegen das Gesetz zu verstossen und einen Verbrecher zu schützen.“
Die vertraulichen Akten
Eine der Versammlungen, die denselben Königreichssaal nutzte, hatte „Dutzende“ vertraulicher Akten in einer grossen weissen Plastikbox im Hinterzimmer gelagert, so der Informant. Viele der Umschläge waren mit der Aufschrift „nicht zerstören“ versehen, die gemäss Policy der Zeugen Jehovas auf allen Akten über Fälle zu sexuellem Kindesmissbrauch angebracht werden muss. „Das erweckte meine Aufmerksamkeit, weil ich überrascht war, wie viele es waren.“ Mitte Juni machte der ehemalige Älteste Shayne Mechen von der Geschädigtengruppe „JW for Justice“ die Polizei im Namen des Informanten auf den Verbleib der Kiste aufmerksam und erzählte der Behörde von der Anweisung, Dokumente zu vernichten. Die Polizei erklärte jedoch, sie werde keine Schritte unternehmen. „Die Polizei hat Nachforschungen angestellt, aber zum jetzigen Zeitpunkt benötigen wir mehr Informationen, um weiter zu ermitteln“, sagte ein Sprecher in einer Stellungnahme gegenüber der RNZ. „Die Polizei nimmt jede Anzeige wegen sexueller Übergriffe ernst und weiss, wie schwierig es ist, nach einem sexuellen Übergriff Hilfe zu suchen. „Unabhängig davon, ob der Missbrauch erst kürzlich stattgefunden hat oder schon länger zurückliegt, werden die Polizei und speziell geschulte Personen dem Opfer und/oder jenen, die den sexuellen Missbrauch melden, bei der Entscheidung helfen, was als nächstes zu tun ist. Im Allgemeinen wird die Polizei alle gemeldeten Fälle untersuchen, und wir ermutigen jede Person, die Opfer geworden ist, sich zu melden.“ Der Informant sagte, er sei bereit, mit der Polizei zu sprechen, aber er habe noch nichts von ihr gehört.
„Ein schwerer Verstoß“
Die Royal Commission sagte, sie werde „die vorsätzliche Zerstörung von Unterlagen über Missbrauchsopfer nicht tolerieren“. „Wir sehen dies als einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Inquiries Act 2013. Wir werden auf jede Form des Verstoßes schnell reagieren und ggf. die Vorwürfe an die neuseeländische Polizei weiterleiten“, so ein Sprecher in einer Stellungnahme. Das Moratorium bzgl. der Vernichtung von Dokumenten bleibt bis zum Vorliegen des Abschlussberichts der Kommission im März 2024 in Kraft. „Zum jetzigen Zeitpunkt wurden keine religiösen oder glaubensbasierten Institutionen, einschließlich der Zeugen Jehovas, vom Geltungsbereich des Abschlussberichts ausgeschlossen“, sagte der Sprecher der Kommission. Im Juni reichte die Kirche der Zeugen Jehovas eine Klage ein, um von den Untersuchungen der Kommission ausgenommen zu werden, da sie keine Verantwortung für die Betreuung von Kindern, Jugendlichen oder gefährdeten Personen übernehme. Mechen befürchtete, dass die Royal Commission nicht in der Lage sein könnte, eine Untersuchung durchzuführen, nachdem im letzten Monat die Aufgabenbeschreibung der Kommission geändert wurde, was bedeutet, dass sie nach dem 31. Juli keine „neuen Beweise“ mehr entgegennehmen oder berücksichtigen würde. „Es ist mehr als enttäuschend, dass die Polizei nicht interessiert war“, sagte Mechen. „Wir wissen, wo die Akten sind, aber sie haben nicht einmal richtig ermittelt. Wie soll man der Polizei vertrauen? Die Opfer in diesen geschlossenen Gruppen wollen sich nicht melden, weil sie zu viel Angst haben, da sie mit Konsequenzen rechnen müssen.“
Änderung der Richtlinien für Dokumente
Der ehemalige Älteste Edward Narayan sagte, dass die aktualisierte Richtlinie der Kirche, keine persönlichen Notizen oder Zusammenfassungen einer Anhörung aufzubewahren, Auswirkungen auf zukünftige Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch innerhalb der Kirche haben wird. „Ab Oktober 2021 gibt es keine Notizen mehr in diesen versiegelten Umschlägen, sondern nur noch das Formular für den Ausschluss aus der Kirche.“ Narayan war der Sekretär der Chartwell-Gemeinde in Hamilton, bis er im April letzten Jahres aus der Kirche austrat. Er verließ die Gemeinde, nachdem er sich mit einer Änderung in der Version des geheimen Ältestenhandbuches „Shepherd the Flock of God“ (Hütet die Herde Gottes) vom Oktober 2021 herumgeschlagen hatte, die die Ältesten anwies, nur das offizielle Formular für den Ausschluss (disfellowshipping) aus der Gemeinde in einen versiegelten Umschlag zu legen. Alle anderen „vertraulichen“ Notizen, zu denen auch Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern gehören, sollten vernichtet werden. Früher wurde dem versiegelten Umschlag eine Zusammenfassung des Verfahrens beigefügt, auch wenn es aus Mangel an Beweisen eingestellt wurde. Die Zusammenfassung konnte Fakten wie die Opfer oder Einzelheiten über die mutmassliche Straftat enthalten. Ab Oktober 2021 waren jedoch keine Zusammenfassungen mehr zulässig, und ein neues Formular für den Ausschluss aus der Gemeinschaft (disfellowshipping) erlaubte es nicht mehr, Angaben zu den Opfern oder zusammenfassende Notizen zu machen. „Das Formular enthielt nur den Namen des Täters, die beteiligten Ältesten, eine kurze Beschreibung des Vergehens, z.B. Kindesmissbrauch, und das Datum, an dem der Gemeinde mitgeteilt wurde, dass der Täter ‚ausgeschlossen‘ (disfellowshipped) oder ‚zurechtgewiesen‘ (reproved) wurde.“ „Die Ältesten würden nicht bekannt geben, warum der Täter ausgeschlossen oder gerügt wurde“, sagte Narayan. Die neue Policy erlaube es nicht, persönliche Notizen zu irgendeiner Angelegenheit aufzubewahren, sagte er. „Und wenn es keine Komiteeverhandlung gibt, weil es keine zwei Zeugen gibt, wird es auch keine Notizen geben. Keine Notizen bedeutet, dass es keinen zweiten Zeugen für künftige Anschuldigungen wegen sexuellen Kindesmissbrauchs gibt. „Das bedeutet, dass in Zukunft, wenn ein Opfer eines mutmasslichen sexuellen Kindesmissbrauchs das Gefühl hat, vor Gericht gehen zu müssen, um Gerechtigkeit zu erlangen, bei der Vorladung der Zeugen nur ein Formular mit dem Namen des Täters, dem Datum des Gerichtsausschusses und den Ältesten, die dem Ausschuss angehörten, vorhanden sein wird. Das war’s. Keine Notizen, keine Namen der Opfer. Das ist eine Verhöhnung der Justiz.“
Die Zeugen Jehovas reagieren
In einer Erklärung äußerte sich die Religionsgemeinschaft, Kindesmissbrauch sei ein Verbrechen und die Opfer oder deren Eltern hätten das Recht, Anzeige bei den Behörden zu erstatten. „Es gibt ein laufendes Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof darüber, ob die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in den Geltungsbereich der Royal Commission of Abuse in Care fällt“, sagte der Sprecher Tom Pecipajkovski. „Obwohl wir der Meinung sind, dass die Zeugen Jehovas nicht in den Geltungsbereich der New Zealand Royal Commission of Inquiry into Abuse in Care fallen, haben wir die Anweisungen der Untersuchungskommission zur Aufbewahrung von Unterlagen sorgfältig befolgt. Dementsprechend weisen wir jede Anschuldigung eines ‘kriminellen Vergehens’ in diesem Zusammenhang entschieden zurück.“ „Die Zeugen Jehovas werden weiterhin mit den Untersuchungsbehörden zusammenarbeiten, wenn das Gericht entscheidet, dass sie in den Geltungsbereich fallen sollten. Bis dahin werden wir die Fragen nicht vor dem Gericht der öffentlichen Meinung diskutieren.“ „Was Einzelfälle betrifft, so vertrauen wir darauf, dass Sie Informationen, die Ihrer Meinung nach der Abuse in Care Royal Commission of Inquiry bei der Erfüllung ihres Mandats helfen können, der Kommission mitteilen werden. Ebenso vertrauen wir darauf, dass Sie, wenn Sie glauben, dass Gefahr besteht, dass ein Kind geschädigt wird, die Angelegenheit den Behörden melden.“
Während die Zeugen Jehovas die regionale Versammlungssaison
2023 eröffnen, ist etwas Merkwürdiges passiert.
Zwei Videos, die für die Online-Version des Kongresses der
Zeugen Jehovas bestimmt waren, wurden ohne Erklärung aus den
Streaming-Versionen des Versammlungsprogramms gelöscht. Allerdings nicht bevor
sie von avoidjw.org aufgezeichnet wurden.
Die Videos zeigen eine ausgeschlossene Mutter, die versucht,
ihre alleinstehende Tochter telefonisch zu erreichen, aber von ihrer Tochter
abgewiesen wird, die mit der Entscheidung kämpft, ihre eigene Mutter zu ächten.
Das erste Video spielt am Küchentisch von Elsa. Ihr Telefon klingelt, und wir hören ihre Gedanken:
„Der Ausschluss von Mama fühlt sich immer noch so hart
an“, sagt Elsa, als sie einen Anruf ihrer Mutter ablehnt.
Die junge Frau hört sich die achtsekündige Sprachnachricht ihrer Mutter an: „Elsa, bitte nimm ab. Ich brauche dich so sehr. Ich muss einfach deine Stimme hören.“
Man hört Elsa laut denken: „Es ist so ein Kampf … ich vermisse sie.“ Sie lehnt sich gegen ihre Küchenanrichte und beginnt, sich an die enge Beziehung zu ihrer Mutter zu erinnern, die sie einst hatte, bevor diese aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde.
Elsa scrollt durch ihr Handy und sieht sich Erinnerungsfotos
von ihr und ihrer Mutter an. Ein kitschiges Foto in einer Anlage des
Wachtturm-Bethel, auf dem sie mit Pappfiguren von Caleb und Sophia posiert. Ein
Foto, das zu Hause während des Gedächtnismahls vor einem Teller mit
ungesäuertem Brot und einem Glas Wein gemacht wurde. Ein Selfie, aufgenommen
bei einem Picknick. Ein Bild mit ihrer Mutter vor einer Staffelei, als sie
gemeinsam Blumen malten.
„Sie war meine engste Freundin“, sagt Elsa.
„Was kann es schaden, ab und zu anzurufen? Um zu plaudern. Vielleicht kann
ich ihr sogar helfen, zu Jehova zurückzukehren.“
Das erste Video endet damit, dass Elsa nachdenklich auf ihr
Telefon starrt. Sie weiß sehr wohl, dass sie für den „schamlosen“
Umgang mit ihrer verstoßenen Mutter ausgeschlossen werden könnte.
Das zweite Video spielt in einem nachgebauten Königreichssaal, wo der Redner mitten im Satz ist:
„Abel war im Grunde ein geistliches Waisenkind. Aber unabhängig davon, was seine Eltern wählten, hörte er auf Jehova und wartete geduldig darauf, dass dieser seine Verheißungen erfüllte.“
Die Kamera nähert sich Elsas Gesicht, man hört sie denken.
„So habe ich das noch nie gesehen. Was hat mir Jehova
versprochen, wenn ich geduldig warte?“
Elsa wendet dann langsam ihren Blick nach links, während sie
weiter nachdenkt:
„Geistliche Brüder…“, sinniert sie, während die Kamera auf zwei gruselig wirkende Single-Männer schwenkt, die auf der linken Seite des Saals sitzen.
„Schwestern…“, fährt sie fort, während sie zu
ihrer Linken auf drei dicht beieinandersitzende Zeugen-Frauen blickt.
„Und Mütter…“, denkt sie, als sie vom Lächeln
einer asiatischen Zeugin Jehovas begrüßt wird, die den Platz ihrer leiblichen
Mutter einnehmen wird.
In der nächsten Szene wird Elsa erneut von ihrer namenlosen
leiblichen Mutter angerufen, und wieder lehnt sie den Anruf ihrer Mutter ab.
Elsa zieht ihre silberne Bibel und ihr Tablet zu Rate, um den Entschluss zu
bekräftigen, ihre Mutter vollständig aus ihrem Leben zu streichen.
„Wenn ich mich auf das konzentriere, was ich habe, und
geduldig warte, kommt vielleicht eines Tages auch das, was ich nicht habe, zu
Jehova zurück.“
Der Schluss des zweiten Videos hinterlässt bei den
Betrachtenden den deutlichen Eindruck, dass Elsas Mutter eine namenlose,
verstoßene Größe ist, ein toter Klumpen Fleisch, den die Autoren mit
„was“ statt mit „wer“ beschreiben.
Die Streaming-Version der Versammlung der Zeugen Jehovas für
das Jahr 2023 ist nicht als Ersatz für die persönlichen Versammlungen gedacht,
sondern als Alternative für JW-Mitglieder, die aus verschiedenen Gründen nicht
an ihrer örtlichen Versammlung teilnehmen können.
Die Videodramen und Nachstellungen werden zwischen und
innerhalb der Reden von hochrangigen Mitgliedern der Organisation gezeigt.
Ursprünglich sollten die „Ächtungs“-Videos in die Sitzung am
Samstagnachmittag eingebettet werden, und zwar während der Rede mit dem Titel:
„Besser geduldig sein als hochmütig im Geiste: Imitiere Abel, nicht
Adam“. Der Schwerpunkt dieses Vortrags liegt auf den Vorteilen der Ächtung
ausgeschlossener enger Familienmitglieder mit spezieller Hervorhebung der
Eltern-Kind-Beziehung. Als Redner für den Streaming-Vortrag wurde Corey
Wadlington ausgewählt, der als Mitglied des Hauptquartiers in Wallkill, New
York, angekündigt wurde.
Laut Gerichtsdokumenten,
die avoidjw vorliegen, ist Wadlington ein Mitglied der mächtigen und
einflussreichen Dienstabteilung der Zeugen Jehovas, als Dienstsekretär ist er
die rechte Hand des Abteilungsleiters. Abteilungsleiter und Dienstsekretäre
sind für die Regelung interner Angelegenheiten und Disziplinarverfahren der
Zeugen Jehovas zuständig, insbesondere in Situationen, in denen es um sexuellen
Kindesmissbrauch, den Ausschluss aus der Gemeinschaft und andere Fälle geht,
die für die Ältesten der örtlichen Versammlung zu komplex sind, um sie allein
zu behandeln. Die Männer in diesen Positionen korrespondieren und sprechen mit
den Versammlungen im gesamten Gebiet des Zweigs unter Verwendung eines
vertraulichen Systems von dreistelligen Codes. Diese Codes ermöglichen es den
Mitgliedern der Dienstabteilung, ihre Identität zu verbergen, wenn sie mit den
Ältesten der Versammlung sprechen.
Der Code, den Wadlington seit Februar 2021 verwendet, lautet
„SST“, er wurde mit zahlreichen Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch
und entsprechenden Dokumenten in Verbindung gebracht, wie aus internen
Dokumenten der Organisation hervorgeht, die von avoidjw.org und
jwchildabuse.org eingesehen wurden.
Es ist keine Überraschung, dass Herr Wadlington ausgewählt
wurde, um die Vorgaben zu Ausschluss und Ächtung zu vertreten und in einer Rede
die Bedeutung der Einhaltung dieser zerstörerischen und umstrittenen Kirchenpolitik
zu betonen.
Es wurden Fragen bezüglich des Zeitpunkts der Entfernung
dieser beiden Videos aufgeworfen, insbesondere nach der kürzlichen
Veröffentlichung des Dokumentarfilms Rebekah
Vardy, Jehovas Zeugen und ich, einer in Großbritannien ausgestrahlten
Sendung, die sich mit den erschütternden Auswirkungen von Gemeinschaftsentzug,
Ächtung und der Verbreitung von sexueller Gewalt gegen Kinder bei den Zeugen
beschäftigt.
Vardy, eine bekannte Persönlichkeit in England, enthüllte,
dass sie als Minderjährige schutzlos zurückgelassen wurde, nachdem sie
Missbrauch und dann Ächtung erlebt hatte – obwohl sie nie ein getauftes
Mitglied war.
Noch bedeutsamer mag die Tatsache sein, dass die
Zeugen Jehovas in Norwegen ihre Registrierung als religiöse Organisation
verloren haben, was zum Teil auf die von den Zeugen praktizierte Politik der
sozialen Isolation beim Ausschluss von minderjährigen getauften Mitgliedern
zurückzuführen ist. Die norwegische Regierung ist ebenfalls besorgt darüber,
dass die Rechte einzelner Mitglieder der Zeugen Jehovas verletzt werden, indem
getauften Mitgliedern die Möglichkeit verweigert wird, die Organisation zu
ihren eigenen Bedingungen zu verlassen, ohne die Beziehungen und den Kontakt
mit anderen Mitgliedern, einschließlich enger Familienangehöriger, zu
verlieren.
Über die Gründe für die Entfernung dieser neuen Videos kann
nur spekuliert werden, aber es scheint offensichtlich, dass dies in aller Eile
geschah, ohne dass die große Mehrheit der Zeugen Jehovas davon wusste. Die
Videos liefern einen sehr aussagekräftigen visuellen Beweis für die Praxis der
Ächtung und die Erwartungen, die an Zeugen gestellt werden, die ausgeschlossene
– auch nahe – Verwandte haben.
Dennoch war die Rede von Wadlington nicht weniger wirkungsvoll. In seinen Schlussbemerkungen sagt der Vertreter der Dienstabteilung: „Wenn ein Mitglied unserer Familie ausgeschlossen wird, sollte unsere Zuneigung zu ihm nicht größer sein als unsere Zuneigung zu Jehova…“
Der Fall bezieht sich auf ein Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts Finnlands aus dem Jahr 2018, wonach die Praxis der Zeugen Jehovas, während der Haustürmission persönliche Daten von Menschen ohne deren vorherige Zustimmung zu sammeln, illegal ist.
Am Dienstag entschied der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) einstimmig, dass das Oberste Verwaltungsgericht Finnlands
in einem Urteil aus dem Jahr 2018 nicht gegen das Recht der Zeugen Jehovas auf
Religionsfreiheit verstoßen hat.
Das finnische Gericht entschied, dass die Haustürmission der
Zeugen Jehovas, bei der private Daten von Bürgerinnen und Bürgern ohne
vorherige Zustimmung gesammelt werden, illegal ist.
In seiner damaligen Entscheidung sagte das Gericht, dass die
Erstellung von Namenslisten und die Aufzeichnung von Notizen mit persönlichen
Informationen – wie familiäre Beziehungen oder medizinische Daten – während der
missionarischen Aktivitäten der Gruppe immer im Voraus genehmigt werden müssen.
Der EGMR bestätigte dieses Urteil und erklärte, dass die Entscheidung des finnischen Gerichts nicht gegen die Rechte der Zeugen Jehovas verstößt.
„Der Gerichtshof stellte insbesondere fest, dass die
inländischen Behörden die Interessen der antragstellenden Gemeinschaft und die
Rechte des Einzelnen in Bezug auf seine persönlichen Daten korrekt
gegeneinander abgewogen haben, indem sie feststellten, dass die Einholung der
Zustimmung erforderlich war“, heißt es in dem Urteil des EGMR.
Jahrzehntelanger
Rechtsstreit
Vor seiner Entscheidung im Dezember 2018 hatte das finnische
Oberste Verwaltungsgericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine
Vorabentscheidung ersucht.
Der EuGH stellte fest, dass die missionierenden Zeugen
Jehovas faktisch ein Register mit personenbezogenen Daten anlegen, das den
Datenschutzbestimmungen zwar entsprechen sollte, dies aber nicht tat.
Das Urteil des EGMR vom Dienstag ist die jüngste wegweisende
Entscheidung in einem jahrzehntelangen Rechtsstreit zwischen Finnland und der
Gemeinschaft der Zeugen Jehovas.
Im Jahr 2013 entschied ein Datenschutzausschuss, der damals
dem Justizministerium unterstellt war, dass die Praxis der Sammlung
personenbezogener Daten gegen finnisches Recht verstößt.
Im Jahr 2014 entschied das Verwaltungsgericht Helsinki
jedoch, dass das personenbezogene Datenregister der Religionsgemeinschaft nicht
rechtswidrig sei. Dieses Urteil wurde vom Obersten Verwaltungsgericht in seiner
Entscheidung von 2018 aufgehoben.
Die Zeugen Jehovas behaupten seit langem, dass die Notizen, welche missionierende Mitglieder während der Haustürmission machen, kein Register mit personenbezogenen Daten darstellen und daher nicht gegen die Privatsphäre der Menschen verstoßen.
In Hamburg sind am Abend des 9. März bei einer Amoktat
sieben Menschen in einer Versammlung der Zeugen Jehovas getötet worden, der
Täter hat sich selber gerichtet. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon
schwer.
Unser tiefes Mitgefühl gilt allen Betroffenen dieser schrecklichen Bluttat.
Wir gedenken der verstorbenen Menschen, von denen
einer noch nicht einmal geboren war.
Unsere Gedanken sind bei den Eltern, Kindern,
Geschwistern und Großeltern der Verstorbenen und bei allen Menschen, denen sie
nahe waren. Mögen sie in diesen dunkelsten Stunden ihres Lebens getragen werden
von Fürsorge, Unterstützung und Trost und so erfahren, dass sie in ihrem
Schmerz und ihrer Verzweiflung nicht alleine sind.
Ganz besonders denken wir an all jene, die nahe Menschen ein zweites Mal verloren haben und von der Fürsorge der früheren Gemeinschaft ausgeschlossen sind. Sie sollen erfahren, dass sie heute nicht alleine sind, dass sie in ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung getragen sind von Mitgefühl und Liebe.
Unsere Gedanken sind bei den Verletzten. Mögen sie
jede medizinische Hilfe bekommen, die sie brauchen. Mögen sie genesen, nicht
nur körperlich, sondern auch seelisch.
Wir denken an alle jene, welche durch diese fürchterlichen Geschehnisse aus ihrem Leben geworfen wurden. Die nicht wissen, wie sie weiterleben können. Mögen sie wieder Vertrauen und zurück ins Leben finden.
Und wir sind in Gedanken bei all jenen, die durch die Ereignisse daran erinnert werden, wie sie ihre Liebsten verloren haben. Die mit den Betroffenen mitfühlen und mit ihnen trauern. Und sich wünschen, jemand hätte damals ihr Leid gesehen. Mögen wir da sein für sie, mögen sie heilen.
Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei allen Menschen, die von diesen schrecklichen Ereignissen betroffen sind. Mögen sie alle Zusammenhalt und Heilung erfahren.
Kontaktstelle für Betroffene und ihre Angehörigen (Stand 14. März 2023)
Deutschland – www.telefonseelsorge.de: +49 800 111 0 111, +49 800 111 0 222 oder +49 116 123 (Sprechzeiten: rund um die Uhr) – psychiatrischer Notdienst: bundesweite Tel.: 116 117 – Kinder- und Jugend-Telefon: +49 116 111, www.nummergegenkummer.de – rund um die Uhr – per Chat für Jugendliche: https://jugendnotmail.de/
Österreich – 142 Telefonseelsorge Österreich – 147 Rat auf Draht für Jugendliche – nur für Wien: http://www.psd-wien.at/psd/52.html, Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter der Telefonnummer 01- 31330
Auch die Versammlungen der Zeugen Jehovas verarbeiten personenbezogene Daten. Für diese Daten besteht ein Auskunftsrecht. Um ein Auskunftsgesuch zu stellen, findest du hier einen entsprechenden Vordruck, den du einfach anpassen kannst (Du- oder Sie-Form, Anschrift oder Email etc.): https://jzhelp.de/s/ZtFjCPdApDp4t43
Du bist verzogen und möchtest den Zeugen Jehovas nicht deine neue Anschrift mitteilen? Dann verwende im Vordruck einfach deine Emailadresse. Bitte beachte: Wenn die Zeugen Jehovas deine Anschrift oder auch deine Email nicht kennen, werden sie nach einem Identitätsnachweis fragen. Falls du ihnen also eine Kopie deines Ausweises zukommen lassen müsstest, denke daran, gewisse Angaben zu schwärzen (Ausweisnummer, Ausstellende Behörde, Anschrift, die maschinenlesbaren Nummern, etc.).
Ist den Zeugen Jehovas deine Anschrift oder deine Email bekannt, ist es möglich, dass ein Identitätsnachweis nicht notwendig ist. Nimm hier gerne Kontakt mit uns auf.
Du möchtest nicht, dass deine Daten von deiner Meldebehörde (Einwohnermeldeamt) weitergegeben werden? So nutze einfach folgenden Vordruck: https://jzhelp.de/s/nF7gRecmAZKD8zF
Online-Termine zum Thema Datenschutz und weitere Informationen
Du kannst auch gerne deine Frage bei einer Fragerunde an folgenden Terminen stellen: 05.02.2023 um 16:00 Uhr 08.02.2023 um 18:00 Uhr Nutze hierfür einfach folgenden Link: https://lecture.senfcall.de/tho-zrx-9sa-ll4 Es handelt sich nicht um eine Rechtsberatung.
In den Skandalen um sexuellen Missbrauch, die säkulare
und religiöse Organisationen erschüttern, zeigt sich ein beunruhigendes Muster
des Leugnens und Verschweigens. Den Missbrauch ans Licht zu bringen, ist ein
wichtiger erster Schritt.
Der Welthauptsitz der Zeugen Jehovas in Warwick, N.Y. Im Rahmen einer von der Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates Pennsylvania geleiteten Untersuchung kommen Aufzeichnungen über sexuellen Missbrauch durch Mitglieder der Glaubensgemeinschaft ans Licht. Tim Tai
Vom Editorial Board Aktualisiert am 3. Januar 2023
In der Weltzentrale der Zeugen
Jehovas befinden sich geheime Akten, in denen sexueller Missbrauch durch
Mitglieder der religiösen Glaubensgemeinschaft beschrieben wird. Einige dieser
Akten kommen langsam ans Licht, dank einer Untersuchung der Grand Jury durch
die Staatsanwaltschaft von Josh Shapiro, die durch den Inquirer angestoßen
worden war.
Da Shapiro am 17. Januar als 48.
Gouverneur von Pennsylvania vereidigt werden soll, ist zu hoffen, dass die
Ermittlungen mit Hochdruck fortgesetzt werden. Shapiro hat sich furchtlos mit
einflussreichen religiösen Institutionen angelegt, angefangen mit einem Bericht
der Grand Jury von 2018 über die römisch-katholische Kirche, der
jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch durch mehr als 300 Priester in
Pennsylvania aufdeckte.
Die katholische Kirche ist wegen des weitverbreiteten sexuellen Missbrauchs im ganzen Land, in der ganzen Welt und bis in den Vatikan hinein vielleicht am intensivsten unter die Lupe genommen worden. Doch in den 20 Jahren seit der Aufdeckung des Missbrauchs und der systematischen Vertuschung ist schmerzlich deutlich geworden, dass die katholische Kirche kein Monopol auf diese schrecklichen Verbrechen hat.
Ähnliche Skandale um sexuellen
Missbrauch haben in letzter Zeit auch andere religiöse Organisationen
erschüttert. Das Justizministerium ermittelt derzeit gegen die Southern Baptist
Convention. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, die auch als
Mormonenkirche bekannt ist, hat Berichten zufolge Anrufe bei ihrer
Missbrauchs-Hotline von den Strafverfolgungsbehörden weggeleitet und damit die
Opfer ungeschützt gelassen. Eine unabhängige Untersuchung fand zahlreiche Fälle
von sexuellem Missbrauch in jüdischen Sommerlagern.
Der Missbrauch ist auch nicht auf
religiöse Organisationen beschränkt. Letztes Jahr erklärten sich die Boy Scouts
of America bereit, 850 Millionen Dollar zu zahlen, um einen Vergleich in Fällen
sexuellen Missbrauchs zu schließen, von denen 60.000 Männer betroffen waren und
die sich über Jahrzehnte hinzogen. USA Gymnastics und das Olympische und
Paralympische Komitee der Vereinigten Staaten erklärten sich bereit, 380
Millionen Dollar an Hunderte von Turnerinnen zu zahlen, die sagten, sie seien
von dem ehemaligen Mannschaftsarzt des nationalen Turnteams missbraucht worden.
Obwohl jeder Fall anders gelagert
ist, gibt es beunruhigende Parallelen. Eine Autoritätsperson nutzt ihre
Position aus, um schutzbedürftige Kinder, Jugendliche oder in einigen Fällen
auch Erwachsene zu missbrauchen. Wenn der sexuelle Missbrauch den
Verantwortlichen zur Kenntnis gebracht wird, versucht man, ihn zu vertuschen,
das Fehlverhalten zu leugnen und die anklagende Person zu diskreditieren.
Im Fall der Zeugen Jehovas
dokumentierte The Inquirer erstmals 2018 ein Muster der Geheimhaltung von
Missbrauchsvorwürfen. Daraufhin leitete das Büro des Generalstaatsanwalts eine
Untersuchung ein.
Im Oktober wurden vier Zeugen
Jehovas wegen sexuellen Missbrauchs von 19 Personen angeklagt, die alle
minderjährig waren, darunter auch einige Opfer, die Verwandte waren. Vielleicht
ebenso beunruhigend ist die Tatsache, dass die Untersuchung ergab, dass die
Verantwortlichen der Zeugen Jehovas zwar von dem Missbrauch wussten, aber
nichts unternahmen.
In einem Fall gestand einer der
Männer, die im Oktober angeklagt wurden, vor einem Komitee von Zeugen-Ältesten,
dass er 1998 „Affären“ mit mindestens neun Kindern hatte. Das
Geständnis war Teil der geheimen Akten, die in der Zentrale der Zeugen Jehovas
außerhalb von New York City geführt werden.
Doch anstatt den Missbrauch den
Strafverfolgungsbehörden zu melden, versuchten die Verantwortlichen der Zeugen
Jehovas, ihn zu vertuschen, während der Sexualstraftäter in ihrer Mitte blieb.
Dies ist seit Jahrzehnten Teil des Verfahrens bei den Zeugen Jehovas.
Der Inquirer erhielt ein Memo aus
dem Jahr 1989, in dem die Ältesten angewiesen wurden, nicht zu kooperieren,
falls die Polizei jemals mit einem Durchsuchungsbefehl auftauchen sollte. Ein
Memo aus dem Jahr 1997 riet den Ältesten, die Versammlungen nicht über bekannte
Sexualstraftäter zu informieren, so dass Eltern nichts davon wussten und Kinder
schutzlos waren.
Die Organisation gab 2020 eine
Erklärung heraus, in der es hieß: „Jede Andeutung, dass die Zeugen Jehovas
Missbrauch fördern oder ermöglichen, ist falsch.“
Ähnliche Dementis wurden auch schon
von anderen religiösen Organisationen abgegeben. Wer Informationen über
Missbrauch hat, tut gut daran, sich an eine höhere Instanz zu wenden und die
Sonderhotline des Generalstaatsanwalts unter 888-538-8541 anzurufen.
Veröffentlicht am 3. Januar 2023
Diese Stellungnahme wurde von einer Gruppe von Journalisten verfasst, die sich außerhalb der Redaktion mit Fragen von öffentlichem Interesse befassen.
Weitere Informationen zu Kindesmissbrauch bei Jehovas Zeugen finden Sie hier.
Aktualisierung vom 22.12.2022: Die Staatsverwalterin von Oslo und Viken hat beschlossen, Jehovas Zeugen die Registrierung als Religionsgemeinschaft nach dem Religionsgemeinschaftsgesetz zu entziehen. Hier geht es zur aktuellen Übersicht.
Die Zeugen Jehovas wollen ihre religiöse Praxis nicht ändern
Wichtigste Punkte des Artikels „Jehovas vitner vil ikke endre religiøs praksis“ („Die Zeugen Jehovas wollen ihre religiöse Praxis nicht ändern“, hinter Bezahlschranke) von Caroline Teinum Gilje in der Zeitung Vårt Land vom 15. Dezember 2022
Die norwegischen Behörden hatten den Zeugen Jehovas die staatlichen Zuschüsse für 2021 verweigert, wie das Kinder- und Familienministerium bestätigte. Im vergangenen Jahr betrugen diese 18 Mio. Kronen, was etwas mehr als 1.5 Mio Euro entspricht. Darauf wurden sie von der Staatsverwalterin* von Oslo und Viken informiert, dass auch ihre Registrierung als Religionsgemeinschaft gefährdet sei. Der Verlust der Registrierung bedeutet, dass die Gemeinschaft das Recht auf Eheschließung sowie das Recht auf staatliche Zuschüsse verliert.
Sowohl die Verweigerung der staatlichen Zuschüsse im Jahr 2021 als auch die drohende Rücknahme der Registrierung als Religionsgemeinschaft haben mit der Ausschlusspraxis zu tun. Diese verstößt gegen § 6 des Religionsgemeinschaftsgesetzes. Danach können Zuwendungen verweigert werden, wenn eine Religionsgemeinschaft u. a. „die Rechte von Kindern verletzt“ oder „in sonstiger Weise die Rechte und Freiheiten anderer schwer verletzt“. Die Registrierung kann widerrufen werden, wenn eine oder mehrere der Voraussetzungen erfüllt sind.
Im vergangenen Jahr führte die Staatsverwalterin auf Ersuchen des Ministeriums für Kinder und Familien eine Überprüfung der Schriften der Religionsgemeinschaft durch und fand unter anderem, dass Zeugen Jehovas den Ausschluss von getauften Minderjährigen zulassen. Ungetaufte Kinder, welche gegen die Regeln der Gemeinschaft verstoßen, könnten sozialer Isolation ausgesetzt sein. Beides stelle eine negative soziale Kontrolle und eine Verletzung der Kinderrechte dar.
Die Staatsverwalterin hat die Religionsgemeinschaft deshalb aufgefordert, ihre Praktiken im Zusammenhang mit dem Ausschluss zu ändern – ansonsten würde die Registrierung zurückgezogen. Laut dem Schreiben der Zeugen Jehovas vom 14. Dezember wollen diese ihre religiöse Praxis jedoch nicht ändern. Vielmehr beabsichtigen sie, gegen die Entscheidung, die staatliche Unterstützung zu streichen, zu klagen, weil diese ihrer Meinung nach gegen die Religionsfreiheit verstoße. Die Staatsverwalterin will in dem Fall vor dem 1. Januar 2023 eine Entscheidung treffen.
* Aufgabe einer Staatsverwalterin oder eines Staatverwalters (Statsforvalters) ist es, die Beschlüsse der Regierung und des Nationalparlaments durchzusetzen.