Ältestenbuch – Kindesmissbrauch

Das Ältestenbuch, und damit auch die spezifischen Anweisungen zum Kindesmissbrauch, sind Teil des Religionsrechts. Das Ältestenbuch ist allerdings geheim. Nur Älteste haben Einblick, nicht jedoch die einfachen Mitglieder von Jehovas Zeugen oder die Öffentlichkeit.

Die nachstehenden Zitate aus den Ältestenbüchern zeigen die Anweisungen zum Kindesmissbrauch bei Jehovas Zeugen, wie sie jeweils in der Vergangenheit bis zum heutigen Tag Gültigkeit besitzen. Einige Regelungen haben sich dabei geändert, andere sind gleich geblieben.

Ein wichtiger Grundsatz, der stark in der Öffentlichkeit kritisiert wird, ist:

  • dass es mindesten zwei Augenzeugen des Missbrauchs oder ein Geständnis des Täters geben muss, da sonst religionsrechtlich nichts unternommen werden kann und,
  • dass das Opfer in Gegenwart des Täters den Missbrauch schildern musste (ist ab dem Ältestenbuch sfl-X von Oktober 2019 eine Kann-Vorschrift)

Letztlich entscheidet das Zweigbüro über die konkrete Verfahrensweise, da es grundsätzlich eingebunden werden muss. Es ist damit auch voll verantwortlich für die Behandlung aller mutmaßlichen Missbrauchsfälle in seinem Einzugsgebiet.

Die Regelungen zum Kindesmissbrauch müssen auch im Kontext anderer Anweisungen gesehen werden, z.B. dass Streitigkeiten unter Mitgliedern nicht vor weltlichen Gerichten ausgetragen werden soll/dürfen und üble Nachrede/Verleumdung auch religionsrechtlich sanktioniert wird.

Parallel gab es allerdings immer wieder Briefe an die Ältesten, die natürlich ebenfalls geheim und den Mitgliedern nicht bekannt waren.

Im Laufe der Jahre traten immer mehr Opfer von Kindesmissbrauch in die Öffentlichkeit und es wurde immer klarer, dass die Anweisungen völlig ungeeignet für dieses Problem waren. Auch staatliche Untersuchungen, wie z. B. die Royal Commission Australia, bewerteten die Regelungen als ungeeignet zur Behandlung von Kindesmissbrauchs und zum Schutz der Opfer.

Weitere Infos zu dem Problemfeld „Kindesmissbrauch“ sind hier zu finden.

Ältestenbuch ks81 von 1981

Auf den Seiten der Royal Commission Australia ist das Ältestenbuch ks81 in Englisch auszugsweise verfügbar: Pay Attention to Yourself and to All the Flock

In dem veröffentlichen Ausgabestand ist der Tatbestand des Kindesmissbrauch nicht erwähnt (siehe auch 6 Sexual Conduct S. 151.)

Außerdem wird explizit die Gegenüberstellung des Opfers mit dem beschuldigten Täter gefordert.

„What should be done if there is only one witness to a serious sin? Witness should confront the accused to encourage him to confess […] Why is it important to let the accused FACE his accusers? Reasonable for accused to know source of charge. Accusers should be willing to assume their responsibility […]“ (S. 163)

Gibt der Beschuldigte die Tat nicht zu und es gibt keinen zweiten Zeugen, ist der Fall „in Jehovas Hände zu legen“ und damit zu schließen.

„If there is another witness to the same type of sin on the part of the accused person, this would be basis to convoke a judicial committee.“ (S. 163)

„If there is no response, one or two elders can discuss the matter with the individual. If he denies it, leave matter in Jehovah’s hands.“ (S. 163)

In den Regelungen gibt es keinen Hinweis, dass Kinder als Zeugen bzw. Beschuldigte nur in Beisein der Eltern zum Rechtskomitee vorgeladen werden können.

„Chairman states reason for meeting and invites accused to make personal statement. Present witnesses, unless wrongdoer confesses.“ (S. 161)

Ältestenbuch ks91-X von 1991

Auf den Seiten der Royal Commission Australia ist das Ältestenbuch in Englisch auszugsweise verfügbar: Pay Attention to Yourself and to All the Flock

Zum damaligen Stand, war Kindesmissbrauch lediglich ein spezielles Vergehen, dass unter dem Oberbegriff „sexuelles Fehlverhalten“ behandelt wurde. Die speziellen Vorschriften zum Kindesmissbrauch in diesem Buch waren deshalb rar. Deshalb waren zusätzlich Anweisungen in Briefen des Zweigbüros an die Ältesten definiert.

In den Anweisungen zum Kindesmissbrauch muss das Opfer in Gegenwart von Ältesten und des Täters den Missbrauch schildern („die Angelegenheit besprechen“).

Es wird nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es dem Opfer oder deren Eltern gestattet ist, Anzeige bei den staatlichen Behörden zu machen.

So wurden die Ältesten zwar angewiesen alles zu tun, um Kinder vor weiterem Missbrauch zu schützen, was praktisch jedoch schwerlich möglich war, nachdem der gesamte Vorgang streng vertraulich abgehandelt wurde und nur die direkt Betroffenen (Ankläger, Angeklagter, beteiligte Ältesten) Kenntnis haben durften.

Nur für Älteste – Vorspann

Jeder ernannte Älteste erhält ein Exemplar dieses Lehrbuchs und kann es, solange er als Ältester in irgendeiner Versammlung dient, behalten. Falls er irgendwann aufhört, in dieser Eigenschaft zu dienen, sollte er sein Exemplar dieses Buches dem Versammlungsdienstkomitee übergeben, da diese Veröffentlichung Versammlungseigentum ist. Diese Veröffentlichung darf nicht, auch nicht auszugsweise, kopiert werden.

Sexuelles Fehlverhalten

Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern ist inbegriffen, einschließlich der Praktiken mit einem Lustknaben (einem Jungen, der für perverse Zwecke gebraucht wird). Opfer sexuellen Missbrauchs müssen außerordentlich rücksichtsvoll und gütig behandelt werden. Älteste sollten stets alles tun, was vernünftigerweise möglich ist, um KInder vor weiterem Missbrauch zu schützen. (S. 93)

Beweismittel

Es muss zwei oder drei Augenzeugen geben, nicht nur Personen, die das wiedergeben, was sie gehört haben; gibt es nur einen Zeugen, kann nichts unternommen werden.

Die Zeugenaussagen von Jugendlichen können berücksichtigt werden; es liegt bei den Ältesten, zu entscheiden, ob die Aussagen glaubwürdig sind. Auch das Zeugnis von Ungläubigen kann herangezogen werden, aber es ist sorgfältig abzuwägen. Wenn zwei oder drei Personen Zeugen derselben Art der Missetat sind, aber jeder von ihnen Zeuge eines anderen Vorfalls ist, kann ihre Aussage ebenfalls berücksichtigt werden (kann-Vorschrift). (S. 111)

Rechtskomitee

Bevor ein Rechtskomitee gebildet wird, soll der Zeuge (in diesem Fall das Missbrauchsopfer) den Täter auffordern, sich den Ältesten zu offenbaren.

Wird jemand Zeuge einer schweren Sünde, so sollte er den Missetäter ermuntern, die Sache den Ältesten bekanntzugeben […] tut der Missetäter dies nicht, wird der Zeuge die Ältesten informieren [..]. wenn der Beschuldigte nichts unternimmt, sollten zwei Älteste versuchen, die Angelegenheit mit ihm zu besprechen. Bestreitet er die Angelegenheit, so dass das Wort des Bruders gegen das Wort des anderen steht, dann überlaßt die Angelegenheit der Hand Jehovas. […]

Von dieser Regelung kann im Falle von Inzest oder Vergewaltigung abgewichen werden (kann-Vorschrift). Diese Ausnahmeregelung schließt jedoch nicht alle Fälle von Kindesmissbrauch ein, z.B. durch einen Täter außerhalb der Familie oder einen Missbrauch, bei dem es nicht zu einer Vergewaltigung kam. Damit muss das Opfer von Kindesmissbrauch in Beisein des Täters den Missbrauch schildern.

Dem Beschuldigten den Zeugen allein gegenübertreten zu lassen, mag allerdings nicht in jedem Fall ratsam sein. Zum Beispiel: […] Wenn der Zeuge das Opfer des Missetäters ist, etwa bei Fällen von Inzest oder Vergewaltigung […] Unter selchen oder ähnlichen Umständen können entweder zwei oder ein Ältester in Begleitung des Zeugen die Angelegenheit mit dem Beschuldigten besprechen. (S. 118)

Wenn beschlossen wird, ein Rechtskomitee zu bilden, kann natürlich die Notwendigkeit entstehen, dass der Zeuge bei der Verhandlung aussagt, nämlich dann, wenn der Beschuldigte bestreitet, die Missetat begangen zu haben […] Führt die Zeugen, wenn der Missetäter kein Geständnis ablegt, einzeln vor […] Ankläger sollten bereits sein, für ihre Aussage die Verantwortung zu übernehmen […] (S. 119)

Nicht vor weltlichen Gerichten

[…] Christen nicht mit anderen Christen vor Gericht gehen sollten, um persönliche Streitigkeiten auszutragen, die eigentlich mit der Hilfe der Versammlungsältesten beigelegt werden sollten.

Es gibt jedoch Rechtsangelegenheiten, die zu behandeln die Versammlung keine Befugnis hat und die dahger vor ein weltliches Gericht gebracht werden können, ohne dass dadurch der Grundsatz […] verletzt wird. Hierzu gehören: (S. 139, 140)

Es folgt eine Aufzählung von verschiedenen Fällen. Diese beziehen sich auf Scheidung, Entschädigungsansprüche bei einer Versicherung, Konkursverfahren, Testamentsangelegenheiten und gewisse Widerklagen. Kindesmissbrauch ist in der Aufzählung nicht aufgeführt und ist deshalb logischerweise ausgeschlossen.

Vorsätzliches Lügen, falsches Zeugnis und Verleumdung

In dem Kapitel „Aufseher, die ‚für das Recht herrschen'“ werden Verfehlungen aufgeführt, die ein Rechtskomitee nach sich ziehen und einen Ausschluss aus der Gemeinschaft zur Folge haben können.

Zu den verschiedenen Sünden, die nicht geduldet werden gehören:
– Vorsätzliches, bösartiges Lügen; ein falsches Zeugnis
– Beschimpfung, Verleumdung (S. 95)

Dass Jehovas Zeugen von diesem Paragrafen aus dem Ältestenbuch tatsächlich auch Gebrauch machen, um Missbrauchsopfer ruhig zu stellen, bestätigt der Rechtsanwalt der Zeugen Jehovas A. Pikl in einem uns vorliegendem Schreiben von 2019:
„… in den Fällen, in denen ein Mitglied unserer Mandantschaft Vorwürfe von Kindesmissbrauch allgemein verbreitet und es hierzu weder ausreichende Beweise gibt noch von dem mutmaßlichen Opfer eine Strafanzeige erstattet wird bzw. Strafermittlungen eingestellt werden, das betreffende Mitglied berechtigterweise darauf hingewiesen werden muss, dass es bei weiterer Verbreitung dieser nicht bestätigen Vorwürfe sich der Gefahr der üblen Nachrede oder schweren Verleumdung aussetzt … strafrechtliche wie auch religionsrechtliche Konsequenzen haben kann …“ (31)

Ältestenbuch ks10 von 2010

Weiterhin muss es mindestens zwei Augenzeugen des Missbrauchs oder ein Geständnis des Täters geben, da sonst nichts unternommen werden kann. Dabei ist die Zeugenaussage von Minderjährigen oder nicht-Zeugen Jehovas nur eingeschränkt verwendbar (kann-Vorschrift). Das Opfer muss nach wie vor in Beisein des Täters den Missbrauch schildern.

Die Vorgehensweise bei vorsätzlicher Lüge und Verleumdung hat sich im Wesentlichen nicht vom Vorgänger-Ältestenbuch geändert. Es wurde jedoch ein Passus aufgenommen, dass eine Anzeige bei den Behörden möglich ist ohne dass dies als Verleumdung sanktioniert werden muss, allerdings wird dieser Hinweis nur auf Anfrage gegeben. Da den Mitgliedern diese Regelung aufgrund der Geheimhaltungsvorschrift des Ältestenbuches vorenthalten wird, ist eine entsprechende Anfrage von Betroffenen sehr unwahrscheinlich. Außerdem suggeriert der Hinweis auf eine Selbstverständlichkeit – die Anzeige bei einer Behörde -, dass dies vorher wohl verboten oder zumindest unerwünscht war.

Das Zweigbüro muss dagegen immer eingeschaltet werden.

Die Mitglieder der Versammlung (Gemeinde) werden u. U. informiert, dass der Täter „zurechtgewiesen“ wurde (kann-Vorschrift) oder dass er kein Zeugen Jehovas mehr ist. In beiden Fällen wird nicht informiert, dass es sich bei dem Vergehen um Kindesmissbrauch handelte. Damit können Kinder nicht wirkungsvoll vor dem Täter geschützt werden.

Wechselt ein Täter die Versammlung entscheidet das Zweigbüro, ob die Ältesten der neuen Versammlung über den Fall informiert werden. Damit ist nicht sichergestellt, dass Kinder in der neuen Versammlung wirkungsvoll vor dem möglichen Täter geschützt werden können. Überhaupt nicht in Betracht gezogen ist die Tatsache, dass religiöse Aktivitäten auch versammlungsübergreifend stattfinden – z.B. Kongresse oder Missionsdienst – und damit für ahnungslose Kinder und ihre Eltern kein Schutz vor pädophilen Glaubensbrüdern und -Schwestern gewährleistet ist.

Nur für Älteste – Vorspann

Dieses Buch ist Eigentum der Versammlung. Jeder Älteste erhält ein Buch. Ein Ältester, der aus irgendwelchen Gründen sein Dienstamt verliert, gibt das Buch dem Versammlungsdienstkomitee. … Weder das Buch noch Teile davon dürfen kopiert oder in elektronischer Form gespeichert werden.

Beweise für eine Missetat – Kap. 5

37. Selbst wenn jemand eines schweren Vergehens beschuldigt wird, sollte erst dann ein Rechtskomitee gebildet werden, wenn die Missetat nachgewiesen worden ist. Was kann als Beweis akzeptiert werden? Ein Bekenntnis (entweder schriftliches oder mündliches Eingeständnis der Missetat) kann auch ohne zusätzliches Beweismaterial als schlüssiger Beweis akzeptiert werden (Jos. 7:19). Für das Bekenntnis muss es zwei Zeugen geben und es muss klar und unmissverständlich sein. …

Ein Geständnis, das ein Bruder vor Gericht im Rahmen einer Übereinkunft vielleicht auf Anraten eines Anwalts ablegt, um einer möglicherweise härteren Strafe zu entgehen, würde in der Versammlung im Allgemeinen nicht als Schuldeingeständnis angesehen werden.

Es muss zwei oder drei Augenzeugen geben, nicht lediglich Personen, die wiedergeben, was sie gehört haben. Gibt es nur einen Zeugen, kann rechtlich nichts unternommen werden (5. Mo. 19:15; Joh. 8:17).

Gibt es zwei oder drei Zeugen, von denen jeder bei einer anderen Gelegenheit die gleiche Missetat beobachtet hat, können ihre Zeugenaussagen von den Ältesten berücksichtigt werden. Solche Aussagen sind als Schuldnachweis zwar akzeptabel, doch ist es besser, zwei Zeugen für ein und denselben Vorfall zu haben.

Die Zeugenaussage eines Jugendlichen oder eines Kindes kann berücksichtigt werden; es ist Sache der Ältesten, festzustellen, ob sie glaubhaft ist.

Die Zeugenaussage eines Ungläubigen, eines Ausgeschlossenen oder von jemand, der die Gemeinschaft verlassen hat, kann berücksichtigt werden, doch das muss sorgfältig erwogen werden.

38. Wenn eine Missetat nicht nachgewiesen worden ist, aber ernste Fragen entstanden sind, sollte die Ältestenschaft unverzüglich zwei Älteste beauftragen, die Angelegenheit zu überprüfen. Gibt es nur einen Zeugen, dann wäre es liebevoll von ihm, zuerst an den Beschuldigten heranzutreten und ihn aufzufordern, sich selbst an die Ältesten zu wenden. Die Ältesten können dann einige wenige Tage warten, um zu sehen, ob sich der Beschuldigte meldet. (Nicht in jedem Fall ist es ratsam, dass der Zeuge an den Beschuldigten herantritt. Vielleicht haben sich der Zeuge und der Beschuldigte gemeinsam der sexuellen Unmoral schuldig gemacht oder der Zeuge ist das Opfer von Inzest oder einer Vergewaltigung durch den Beschuldigten; eventuell ist er ein Kind, das missbraucht wurde, oder er ist außergewöhnlich schüchtern.) Ganz gleich, ob der Zeuge an den Beschuldigten herantritt oder nicht, sollten die zwei beauftragten Ältesten mit dem Beschuldigten wegen der Anschuldigung sprechen (w97 15. 8. S. 27).

Bestreitet der Täter den Missbrauch muss das Opfer den Missbrauch den Ältesten in Gegenwart des Täters schildern. Ist das Opfer ist noch minderjährig, muss zwar vorher das Zweibüro eingeschaltet werden. Es ist jedoch in dieser Vorschrift ist kein Hinweis enthalten, dass die Gegenüberstellung entfallen kann.

39. Bestreitet der Beschuldigte die Tat, sollten die beauftragten Ältesten ein Treffen mit ihm und dem Ankläger vereinbaren. (Hinweis: Handelt es sich um Kindesmissbrauch und ist derjenige, der missbraucht wurde, noch minderjährig, dann sollten die Ältesten mit dem Zweigbüro in Verbindung treten, bevor ein Treffen mit dem Kind und dem angeblichen Missbraucher vereinbart wird.) Möchte der Ankläger oder der Beschuldigte nicht mit den Ältesten zusammenkommen oder bestreitet der Beschuldigte weiterhin die Anschuldigung des einzigen Zeugen und ist die Missetat nicht nachgewiesen, überlassen die Ältesten die Angelegenheit Jehova (5. Mo. 19:15-17; 1. Tim. 5:19, 24, 25; w95 1. 11. S. 28-29). Die beauftragten Ältesten sollten einen Bericht abfassen, ihn unterzeichnen und in einem zugeklebten Umschlag bei den vertraulichen Versammlungsunterlagen aufbewahren. Vielleicht kommen später weitere Beweise ans Licht, sodass Schuld oder Unschuld nachgewiesen werden kann.

Rechtskomitee Verhandlung – Kap. 7

5. Das Komitee sollte zunächst ermitteln, was geschah und wie der Beschuldigte eingestellt ist. Dazu muss man taktvoll geschickte Fragen stellen …

20. … Geht es z. B. um eine Missetat, die als Kindesmissbrauch angesehen werden könnte, ist es für die Versammlung ein Schutz, die Zurechtweisung eines reuigen Missetäters bekannt zu machen.

21. Der Koordinator der Ältestenschaft genehmigt die Bekanntmachung, bevor ein Ältester sie der Versammlung vorliest. Sie lautet: „Bruder [Schwester] … ist zurechtgewiesen worden.“ Einschränkungen werden nicht bekannt gegeben.

31. Der Koordinator der Ältestenschaft prüft die Bekanntmachung, damit sie den Richtlinien der Organisation entspricht. Die Bekanntmachung wird von einem Altesten vorgelesen und lautet: „… ist kein Zeuge Jehovas mehr.“

32. Der Gemeinschaftsentzug wird wirksam, wenn er der Versammlung bekannt gegeben wird.

Kindesmissbrauch – Kap.12

„18. Die Ältesten sollten unverzüglich im Zweigbüro anrufen, wenn jemand des Kindesmissbrauchs beschuldigt wird (ungeachtet, wie alt das Opfer jetzt ist oder zur Zeit des vermeintlichen Missbrauchs war), selbst wenn die angebliche Tat vor der Taufe des Beschuldigten lag. Das Zweigburo erteilt je nach den Umständen entsprechende Anweisungen.

19. Kindesmissbrauch ist eine strafbare Handlung. Niemals sollte ein Ältester dazu anregen, Kindesmissbrauch nicht bei der Polizei oder einer anderen Behörde anzuzeigen. Auf Anfrage sollte man deutlich sagen, dass es jedem selbst überlassen ist, die Angelegenheit anzuzeigen oder nicht, und dass deshalb in keinem Fall mit Maßnahmen seitens der Versammlung zu rechnen ist. Älteste kritisieren niemand, der einen solchen Fall anzeigt. Der Betroffene ist absolut berechtigt, die Angelegenheit anzuzeigen, wenn er das möchte (Gal. 6:5).

20. Wechselt jemand die Versammlung, von dem bekannt ist, dass er ein Kind missbraucht hat, sendet das Versammlungsdienstkomitee ein Einführungsschreiben mit ausführlichen Angaben über seine Vergangenheit und gegenwärtige Situation an die neue Versammlung. Briefe des Zweigbüros, die den Missbraucher betreffen, dürfen nicht kopiert oder der neuen Versammlung zugesandt werden. Die neue Versammlung sollte aber genau über alle Einschränkungen informiert werden, die vom Zweigbüro auferlegt wurden. Das Zweigbüro erhält eine Kopie des Einführungsschreibens.

21. Was ist, wenn ein Bruder die Versammlung wechselt, der einen Kindesmissbrauch bestreitet, für den es nur einen Zeugen gibt? Dann sollten die Ältesten das Zweigbüro zurate ziehen, bevor sie den Ältesten der anderen Versammlung etwas über die Beschuldigung mitteilen. Es wäre eine Hilfe, in dem Brief an das Zweigbüro die Angelegenheit sowie die persönlichen Umstände des Beschuldigten und des Anklägers ausführlich zu schildern und zu erwähnen, wie es mit beiden in geistiger Hinsicht steht. Was den Beschuldigten angeht, sind folgende Auskünfte nötig: (1) Wie verhält er sich gegenüber Kindern? (2) Gibt er zu, mit dem Ankläger etwas zu tun gehabt zu haben, was dieser als sexuellen Missbrauch missdeuten könnte, oder behauptet er, sich schlecht an das Geschehen erinnern zu können? (3) Wie erklärt er, weswegen der Ankläger seine Beschuldigung erhebt? (4) Musste er schon wegen anderer Angelegenheiten auf sexuellem Gebiet ermahnt werden, wie z. B. wegen unangebrachten Verhaltens gegenüber erwachsenen Schwestern oder wegen Pornografie? (5) Wie ist es um seine geistige Gesinnung bestellt? (6) Sind alle in der Ältestenschaft der Meinung, dass man ihm Kinder anvertrauen kann?

Was den Ankläger betrifft, sind folgende Auskünfte nötig: (1) Welchen Reifegrad hat das Kind oder der/die Jugendliche? (2) Beschreibt der Anklager ein Verhalten, das jemand in seinem Alter normalerweise nicht kennt? (3) Sind die Eltern oder das Kind als ernsthaft und reif bekannt? (4) Ist sein Erinnerungsvermögen konstant, setzt es aus oder wurden Erinnerungen verdrängt? (w95 1. 11. S. 25-26). (5) In welchem Ruf stehen seine Eltern? (6) Sind sie emotional und in geistiger Hinsicht reif? Nach gewissenhafter Prüfung der Angelegenheit gibt das Zweigbüro Anweisung, was (wenn überhaupt etwas) den Ältesten der anderen Versammlung über die Beschuldigung mitgeteilt werden sollte.

Gerichtsfälle unter Brüdern – Kap. 12

22. In 1. Korinther 6:1-8 rät Paulus eindringlich davon ab, Brüder wegen persönlicher Streitigkeiten, die mithilfe von Ältesten beigelegt werden sollten, vor Gericht zu bringen (w97 15. 3. S. 21-22; w86 15. 11. S. 20; g83 8. 5. S. 13-15; w74 S. 127-128). …

23. Es gibt aber rechtliche Angelegenheiten, für die die Versammlung nicht zuständig ist und die man daher gerichtlich regeln lassen kann, ohne den Grundsatz aus 1. Korinther 6:1-8 zu missachten. Darunter fällt:

  • Scheidung, Sorgerecht und Unterhaltszahlung.
  • Schadenersatz durch eine Versicherung. Tritt ein Schaden ein oder wird jemand durch ein oder in einem Auto verletzt, das einem Bruder gehört, könnte es nötig sein, den Bruder zu verklagen, damit seine Versicherung Schadenersatz leistet.
  • Aufnahme in die Gläubigerliste eines Insolvenzverfahrens.
  • Gültigkeitserklärung für ein Testament.
  • Bestimmte Gegenklagen. Falls beispielsweise ein weltlicher Gläubiger einen Bruder verklagt, könnte es nötig sein, dass der Bruder zu seinem eigenen Schutz eine Gegenklage einreicht, selbst wenn vielleicht auch Brüder mit einbezogen sind.
  • Geht ein Bruder gerichtlich gegen einen anderen getauften Zeugen Jehovas vor, würde derjenige, gegen den prozessiert wird, 1. Korinther 6:1-8 nicht verletzen, wenn er sich verteidigt oder eine Gegenklage anstrengt. Das gilt, ganz gleich, ob die Angelegenheit zuerst den Ältesten vorgetragen wurde oder nicht.
Anzeige bei Behörden möglich

Die Anzeige bei Behörden ist nunmehr zwar ohne Sanktionen gestattet, es wird jedoch nur auf Anfrage darauf aufmerksam gemacht. Da den Mitgliedern diese Regelung aufgrund der Geheimhaltungsvorschrift des Ältestenbuches vorenthalten wird, ist eine entsprechende Anfrage von Betroffenen sehr unwahrscheinlich. Außerdem suggeriert der Hinweis auf eine Selbstverständlichkeit – die Anzeige bei einer Behörde -, dass dies vorher wohl verboten oder zumindest unerwünscht war.

Es wird nicht als Verleumdung betrachtet, wenn jemand eine Beschuldigung gegenüber der Polizei, dem Gericht, den Ältesten oder anderen äußert, die befugt sind, Einblick in eine Angelegenheit zu erhalten und ein Urteil zu fällen (it-1 S. 900). Das trifft auch zu, wenn die Beschuldigung nicht bewiesen ist (w97 15. 8. S. 28 Abs. 1). (Kap. 5:27, S. 69)

Kindesmissbrauch ist eine strafbare Handlung. Niemals sollte ein Altester dazu anregen, Kindesmissbrauch nicht bei der Polizei oder einer anderen Behörde anzuzeigen. Auf Anfrage sollte man deutlich sagen, dass es jedem selbst überlassen ist, die Angelegenheit anzuzeigen oder nicht, und dass deshalb in keinem Fall mit Maßnahmen seitens der Versammlung zu rechnen ist. Älteste kritisieren niemand, der einen solchen Fall anzeigt. Der Betroffene ist absolut berechtigt, die Angelegenheit anzuzeigen, wenn er das möchte. (Kap. 12:19, S.132)

Ältestenbuch sfl-X von Oktober 2019

Die 2-Zeugen-Regel bleibt bestehen, auch wenn sie im Kapitel zum Kindesmissbrauch nicht erwähnt wird. Es muss mindestens zwei Augenzeugen des Missbrauchs oder ein Geständnis des Täters geben, da sonst nichts unternommen werden kann. Dabei ist die Zeugenaussage von Minderjährigen oder nicht-Zeugen Jehovas nur eingeschränkt verwendbar (kann-Vorschrift). Bestreitet der Beschuldigte den Missbrauch ist weiterhin eine Gegenüberstellung mit dem Opfer notwendig (Kap. 12. 42), was ein eklatanter Widerspruch zur Anweisung ist, dass ein Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs seine Beschuldigung nicht in Gegenwart des mutmaßlichen Missbrauchstäters vorbringen muss (Kap. 14.18). Weiterhin entscheidet das Zweigbüro über die konkrete Verfahrensweise.

Wesentliche Änderungen zur Vorgängerausgabe des Buches sind
  • die Anweisung, dass dem Opfer oder den Eltern von den Ältesten die Möglichkeit einer Anzeige aufgezeigt wird ohne religionsinterne Konsequenzen. Bisher sollte dieser Hinweis nur auf Anfrage erfolgen,
  • dass ein Opfer weder im Rechtskomiteeverfahren noch in Gegenwart des mutmaßlichen Missbrauchstäters die Anschuldigungen vorbringen muss (kann-Vorschrift),
  • die Möglichkeit psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen,
  • dass mindestens eine Zurechtweisung in der Versammlung erfolgt (scheinbar keine kann-Vorschrift mehr), allerdings nach wie vor ohne Hinweis auf den Missbrauch,
  • dass – allerdings nur auf Anweisung des Zweigbüros – die „Häupter der Familien“, d.h. nur die Väter, vor dem Missbrauchstäter gewarnt werden.
Vertraulichkeit – Vorwort

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt (Copyright) und vertraulich. Sie steht jedem Ältesten zur Verfügung. Wird ein Ältester gestrichen, sollte er die Publikation dem Versammlungsdienstkomitee geben, damit sie vernichtet wird. Auch sollte er alle seine elektronischen Kopien löschen.

Beweise für ein Fehlverhalten – Kap.12

40. Selbst wenn ein Anbeter Jehovas einer Sünde beschuldigt wird, für die er ausgeschlossen werden kann, wird nur dann ein Rechtskomitee eingesetzt, wenn ausreichende Beweise für die Sünde vorliegen. Zur Beweislage ist zu beachten:

(1) Geständnis: Das mündliche oder schriftliche Eingeständnis einer Sünde kann als eindeutiger Beweis akzeptiert werden und bedarf keiner weiteren Bestätigung (Jos. 7:19). Für das Geständnis muss es zwei Zeugen geben. Es muss klar und unmissverständlich sein. …

(2) Augenzeugen: Es muss zwei oder mehr Augenzeugen geben, nicht nur jemand, der wiedergibt, was er gehört hat. Gibt es nur einen Zeugen, wird kein Rechtskomitee gebildet (5. Mo. 19:15-17; Joh. 8:17; 1. Tim. 5:19, 24, 25). Bezeugen zwei oder mehr Zeugen die gleiche Art Fehlverhalten, das sie bei unterschiedlichen Begebenheiten beobachtet haben, kann dies von den Ältesten berücksichtigt werden. Dies kann genügen, um die Schuld festzustellen; besser ist es aber, wenn zwei Zeugen ein und dasselbe Fehlverhalten bestätigen. Zeugenaussagen von Kindern und Jugendlichen können berücksichtigt werden; die Ältesten müssen feststellen, ob ein Zeugnis glaubhaft klingt. Aussagen von Personen, die keine Zeugen Jehovas sind (einschließlich Ausgeschlossener und solcher, die die Gemeinschaft verlassen haben), können ebenfalls berücksichtigt werden. Dies muss aber sorgfältig abgewogen werden.

41. Wenn ein Fehlverhalten nicht bewiesen ist, es aber ernst zu nehmende Fragen gibt, bestimmt die Ältestenschaft zwei Älteste, die die Sache unverzüglich untersuchen. Vielleicht gibt es nur einen Zeugen. Manchmal ist es passend, dass der Zeuge den Beschuldigten bittet, die Ältesten anzusprechen (Jak. 5:14). Die Ältesten können dem Beschuldigten einige Tage einräumen, sie anzusprechen. In anderen Fällen ist es nicht ratsam, dass der Zeuge den Beschuldigten anspricht. Vielleicht ist der Zeuge äußerst schüchtern. Von einem Opfer von Vergewaltigung oder sexuellem Kindesmissbrauch fordert man niemals, den Beschuldigten anzusprechen. (Schließt die Beschuldigung sexuellen Kindesmissbrauch ein, siehe Kapitel 14.) Ganz gleich, ob der Zeuge den Beschuldigten anspricht, sprechen die zwei ausgewählten Ältesten in jedem Fall mit ihm über den gegen ihn erhobenen Vorwurf (w97 15. 8. S. 27).

Nachfolgende Anweisung steht in eklatantem Widerspruch zu einer anderen Anweisung, dass ein Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs seine Beschuldigung nicht in Gegenwart des mutmaßlichen Missbrauchstäters vorbringen muss (Kap. 14.18).

42. Bestreitet der Beschuldigte den Vorwurf, versuchen die beiden Ältesten, eine Gegenüberstellung herbeizuführen. (Schließt die Beschuldigung sexuellen Kindesmissbrauch ein, siehe Kapitel 14.) Ist der Beschuldigte oder der, der die Beschuldigung erhebt, dazu nicht bereit oder bestreitet der Beschuldigte den Vorwurf eines einzelnen Zeugen und ist das Fehlverhalten nicht bewiesen, kann kein Rechtskomitee eingesetzt werden. Die untersuchenden Ältesten verfassen einen Bericht, unterschreiben diesen und geben ihn dem Sekretär in einem verschlossenen Umschlag. Dieser legt ihn in der vertraulichen Ablage der Versammlung ab. (Siehe 22:21-27.) Vielleicht ergeben sich später weitere Beweise.

Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch – Kap. 14

4. Sexueller Kindesmissbrauch ist vom Standpunkt der Bibel aus eine schwere Sünde (5. Mo. 23:17, 18; Gal. 5:19-21; w97 1. 2. S. 29). Jehovas Zeugen verabscheuen sexuellen Kindesmissbrauch (Röm. 12:9). Deshalb schützt die Versammlung niemand, der solch widerwärtige Handlungen begeht, vor den Folgen seiner Sünde. Dass sich die Versammlung mit dem Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs befasst, ist nicht als Ersatz für eine Strafverfolgung durch die Behörden zu sehen (Röm. 13:1-4). Daher ist dem Opfer, seinen Eltern oder irgendjemand anders, der den Vorwurf erhebt, deutlich zu erklären, dass er/sie das Recht hat/haben, den Fall bei Behörden anzuzeigen. Die Ältesten werten es nicht negativ, wenn sich jemand zu einer solchen Anzeige entschließt (Gal. 6:5).

7. Damit sichergestellt ist, dass Älteste, die von einem Vorwurf der Kindesmisshandlung oder des Kïndesmissbrauchs erfahren, einer gesetzlichen Anzeigepflicht dafür Folge leisten, werden zwei Älteste unverzüglich in der Rechtsabteilung anrufen, um sich rechtliche Hinweise einzuholen. Das ist auch dann nötig, wenn beide Beteiligten minderjährig sind. Die Ältesten bitten weder das angebliche Opfer noch den Beschuldigten noch irgendjemand anders, im Namen der Ältesten in der Rechtsabteilung anzurufen …

8. Die Rechtsabteilung gibt rechtliche Hinweise, gestützt auf die Tatsachen und die gütige Rechtslage. Sollte der der Kindesmisshandlung oder des Kindesmissbrauchs Beschuldigte zu eurer Versammlung gehören, teilen die beiden Ältesten, die gemeinsam anrufen, den vollständigen Namen des Betreffenden, sein Geburtsdatum und, wenn er getauft ist, sein Taufdatum mit. Nach dem Gespräch mit der Rechtsabteilung wird der Anruf an die Dienstabteilung weitergeleitet.

17. […] Vielleicht entscheiden sich das Opfer oder seine Angehörigen für psychotherapeutische Unterstützung. Ob sie dabei eine Behandlung von Psychiatern, Psychologen, Therapeuten oder Ähnlichen wählen, ist ihnen selbst überlassen (Gal. 6:5). Wird ein Ältester hierzu befragt, kann er auf passende biblische Grundsätze und Aussagen in unseren Publikationen verweisen (w15 15. 9. S. 9-11w08 15. 11. S. 23-27).

18. Älteste können direkt von einem Opfer, seinen Eltern oder einer Vertrauensperson des Opfers von einem Vorwurf sexuellen Kindesmissbrauchs erfahren. Nachdem die Ältestenschaft Hilfe vom Zweigbüro erhalten hat, bestimmt sie – vorausgesetzt, der Beschuldigte ist ein Verkündiger der Versammlung – zwei Älteste, die der Sache nachgehen. Diese Ältesten halten sich eng an die biblischen Verfahrensweisen sowie an die biblisch fundierte Anleitung in diesem und Kapitel 12. Ein Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs muss weder während der Untersuchung des Vorwurfs noch im Rechtskomiteeverfahren seine Beschuldigung in Gegenwart des mutmaßlichen Missbrauchstäters vorbringen.

Vorgenannte Anweisung steht in eklatantem Widerspruch zu einer anderen Anweisung, dass, falls der Beschuldigte den Missbrauch bestreitet weiterhin eine Gegenüberstellung mit dem Opfer notwendig ist (Kap. 12.42).

Angeblicher Schutz durch öffentliche Zurechtweisung ohne Hinweis auf Kindesmissbrauch

19. Kommt die Ältestenschaft zu dem Schluss, sie habe ausreichende schriftgemäße Beweise für ein Rechtskomiteeverfahren wegen sexuellen Kindesmissbrauchs, wendet sich der Koordinator der Ältestenschaft zunächst an den Kreisaufseher. (Siehe 12:40-42; 15:1, 2.) Der Kreisaufseher setzt einen erfahrenen Ältesten als Vorsitzenden des Rechtskomitees ein. Wird ein Berufungskomitee benötigt, wählt der Kreisaufseher erfahrene Älteste dafür aus und benennt den Vorsitzenden. (Siehe 17:1.) Ist das Fehlverhalten bewiesen und der Missetäter bereut sie nicht, muss er ausgeschlossen werden. (Siehe 16:26-31.) Bereut er hingegen und wird zurechtgewiesen, wird die Zurechtweisung der Versammlung in der nächsten Zusammenkunft unter der Woche bekannt gegeben. (Siehe 16:20-25.) Diese Bekanntmachung dient dem Schutz der Versammlung. Mit dem Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs wird kein Rechtskomiteeverfahren durchgeführt. Hält die Ältestenschaft Maßnahmen der Versammlung für gerechtfertigt, weil sich ein Minderjähriger bereitwillig an dem Fehlverhalten beteiligt hat, sollten zwei Älteste gemeinsam in der Dienstabteilung anrufen, bevor Weiteres unternommen wird.

Sie auch Kap. 16.20.2:
Die Versammlung wird zum Beispiel im Fall sexuellen Kindesmissbrauchs durch die Bekanntmachung der Zurechtweisung des reumütigen Missetäters geschützt.

Gemäß dem Verweis auf Kap. 16.21 lautet die Zurechtweisung wie folgt:
„[Name der Person] ist zurechtgewiesen worden.“

Im Gegensatz zur Behauptung, kann diese Bekanntmachung nicht zum Schutz der Kinder in der Versammlung dienen, da den Anwesenden das gefährliche pädophile Verhalten des Zurechtgewiesenen nicht bekannt wird.

Einschränkungen

22. Die Dienstabteilung gibt Anweisungen, die die Ältesten alle genau befolgen müssen, zum Beispiel, wenn (1) festgestellt wurde, dass ein Verkündiger (getauft oder ungetauft), der sich des sexuellen Kindesmissbrauchs schuldig gemacht hat, bereut und Verkündiger bleiben kann; (2) jemand, der wegen sexuellen Kindesmissbrauchs ausgeschlossen wurde, wiederaufgenommen wird; (3) ein Verkündiger (getauft oder ungetauft) den Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs abstreitet, deswegen aber strafrechtlich verurteilt ist; oder (4) jemand am Ort oder in der Versammlung als Kinderschänder gilt und ein Verkündiger wird oder sich taufen lässt.

23. In solchen Fällen schließen die Anweisungen der Dienstabteilung für die Ältesten Einschränkungen ein, denen der Betreffende unterliegt. Sie beziehen sich auf seine Versammlungsaktivitäten, Teilnahme am Predigtdienst und seine Kontakte zu Minderjährigen. Die Ältesten werden angewiesen, den Betreffenden zu belehren, niemals mit einem Minderjährigen allein zu sein, mit Minderjährigen keine Freundschaften zu pflegen und ihnen keine Zuneigung zu zeigen und so weiter. Die Dienstabteilung wird die Ältesten ausdrücklich anweisen, die Häupter der Familien mit minderjährigen Kindern in der Versammlung auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Kontakte ihrer Kinder zu dem Betreffenden zu überwachen. Das tun die Ältesten aber nur dann, wenn die Dienstabteilung sie dazu anweist. Der Koordinator der Ältestenschaft sorgt dafür, dass neu ernannte Älteste und Älteste, die in die Versammlung wechseln, auf die Anweisungen der Dienstabteilung zu diesen Personen hingewiesen werden.

24. Wer ein Kind sexuell missbraucht hat, ist – wenn überhaupt jemals – zumindest für viele Jahre für keinerlei Dienstaufgaben in der Versammlung geeignet, auch nicht für kleinere. Der Rat des Paulus an Timotheus gilt besonders bei getauften Erwachsenen, die Kinder sexuell missbraucht haben: „Leg nie jemandem die Hände voreilig auf. Hab auch nicht an den Sünden anderer teil“ (1. Tim. 5:22; w97 1. 1. S. 26-29). Meint die Ältestenschaft, dass jemand, der vor Jahrzehnten Kinder sexuell missbraucht hat, sich jetzt für kleinere Aufgaben eignet, wie die Mikrofone zu reichen oder einzustellen, die Bedienung der Audio- und Videoanlage, als Ordner zu dienen oder den Konten-, Literatur- oder Gebietsdiener zu unterstützen, sollte sie zwei Älteste beauftragen, in der Dienstabteilung anzurufen. Diese beiden Ältesten müssen in der Dienstabteilung anrufen, bevor ihm irgendwelche Aufgaben in der Versammlung übertragen werden.

26. Wechselt jemand, dem sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde (ob nachgewiesen oder nicht), die Versammlung, müssen zwei Älteste der Versammlung, die er verlässt, unverzüglich in der Rechtsabteilung anrufen. … Das Versammlungsdienstkomitee darf der neuen Versammlung irgendwelche Informationen erst zukommen lassen, nachdem es rechtliche Hinweise der Rechtsabteilung und Anweisungen der Dienstabteilung erhalten hat.

Ältestenbuch sfl-X von Oktober 2022

Im Vergleich zur Vorgängerversion von Oktober 2019 sind nur wenige geringfügige Änderungen erfolgt. Die wesentlichen Kritikpunkte aus der Vorgängerversion bleiben bestehen.

Änderungen zur Vorgängerausgabe des Buches sind
  • die Möglichkeit eine Vertrauensperson bei der Information an die Ältesten mitzunehmen (nicht jedoch im Fall einer Komiteeverhandlung).
  • die Möglichkeit psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, die allerdings bei Jehovas Zeugen sehr kritisch gesehen wird, wurde durch eine neutralere Formulierung ersetzt.
  • neben der Rechts- und der Dienstabteilung wird nunmehr auch die Öffentlichkeitsabteilung im Zweigbüro informiert, wenn der Fall öffentlich werden könnte.
Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch – Kap. 14

8. […] Nach dem Gespräch mit der Rechtsabteilung wird der Anruf an die Dienstabteilung weitergeleitet. Ist ein Medieninteresse an einer Angelegenheit denkbar, wird der Anruf danach an die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit weitergeleitet.

17. […] Ob ein Opfer oder seine Angehörigen professionelle Hilfe suchen, müssen sie selbst entscheiden […]

Der Hinweis, dass
„Vielleicht entscheiden sich das Opfer oder seine Angehörigen für psychotherapeutische Unterstützung. Ob sie dabei eine Behandlung von Psychiatern, Psychologen, Therapeuten oder Ähnlichen wählen […] „
wurde gestrichen.

18. […] Außerdem kann das Opfer auch von einer Vertrauensperson (unabhängig welchen Geschlechts) begleitet werden, wenn es die Ältesten über seine Anklage informiert […]

Weitere Informationen und Zitate

Geheimhaltung, Lügen & Vernichtung von Unterlagen

Religionsrecht – Ächtung & Kontaktverbot