Kindesmissbrauch bei Zeugen Jehovas – Pressekonferenz vom 24. Juli 2023

Kindesmissbrauch bei den Zeugen Jehovas – schlimmer als in der katholischen Kirche?

Ankündigung der Online-Pressekonferenz vom Montag, 24. Juli 2023, 13 – 15 Uhr

Aktivist:innen und Überlebende sexualisierter Gewalt von saysorry.org und JZ Help informieren zu Kindesmissbrauch innerhalb der Zeugen Jehovas.

Für die Teilnahme an der Pressekonferenz oder Rückfragen bitte Email an presse(at)jz.help.

1. Bericht einer Überlebenden sexualisierter Gewalt

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas stark verbreitet. Das zeigt die staatliche Untersuchung der Royal Commission in Australien aus dem Jahr 2015. Die Verbreitung sexualisierter Gewalt hat mit den Vorgaben der Wachtturm-Organisation zu tun, besonders mit der Zwei-Zeugen-Regel. Danach soll einem Verdacht oder Vorwurf einer Straftat durch ein internes Rechtskomitee nur nachgegangen werden, wenn es dafür neben der betroffenen Person mindestens einen zweiten Zeugen gibt, was kaum je der Fall ist. Der Umgang der Organisation mit sexualisierter Gewalt ist auch Ausdruck einer Kultur der Gewalt, die mit der Missachtung von Grund- und Menschenrechten einhergeht.

Das wird deutlich im Bericht einer Überlebenden. In die Gemeinschaft hineingeboren, erlebte sie sexualisierte Gewalt – gefolgt von Vertuschung. Ihre Schilderung zeigt, dass auch der Umgang der Wachtturm-Organisation mit Missbrauchsvorwürfen in höchstem Masse gewaltvoll ist.

2. Opferzahlen im Vergleich mit Katholiken – vermutete Opferzahlen im deutschen Sprachraum

Die australische Aktivistin Lara Kaput und der Aktivist Steven Unthank von saysorry.org treffen sich am 20. Juli mit der Deutschen Aufarbeitungskommission in Berlin und berichten von ihren Erfahrungen mit der Royal Commission.

An der Pressekonferenz präsentieren sie Daten aus der Untersuchung der Royal Commission. Diese zeigen, dass die mutmaßlichen Opferzahlen innerhalb der Zeugen Jehovas relativ betrachtet um ein Vielfaches höher sind als innerhalb der untersuchten katholischen Institutionen. Ausgehend von den Opferzahlen in Australien wird eine Schätzung zu Opferzahlen in Deutschland, Österreich und der Schweiz abgegeben.

Steven Unthank
„Als Überlebender von institutionellem sexuellem Kindesmissbrauch bei den Zeugen Jehovas wurde ich zu einem Aktivisten und Verfechter von besseren und strengeren Kinderschutzgesetzen für religiöse Einrichtungen.
In Australien haben wir in den letzten 15 Jahren einige der wirksamsten und fortschrittlichsten Gesetze und Strategien zum Schutz von Kindern und zur Kontrolle von Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten, entwickelt. Ich ermutige alle Staaten und Behörden, meinen Teil der Welt als Modell im Bereich des Kinderschutzes zu verstehen und sich daran zu orientieren.“

Lara Kaput
„Weil ich deutsche Wurzeln habe, habe ich die Einsetzung der Aufarbeitungskommission mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Ich habe meine Erfahrungen aus mehreren Ländern sowie jene mit der australischen Royal Commission zusammengetragen und mit der Aufarbeitungskommission besprochen. Ich ermutige andere Überlebende sexualisierter Gewalt innerhalb der Zeugen Jehovas ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit der Kommission zu teilen.“

Die präsentierten Daten werden im Anschluss an die Pressekonferenz auf der Website jz.help publiziert.

3. Lernen von Australien und Forderungen

Die Vertreter:innen von saysorry.org erläutern, was europäische Länder von der Untersuchung der Royal Commission lernen können. Es werden Forderungen an Staat und Gesellschaft sowie die Wachtturm-Organisation formuliert.

Der Besuch der Aktivist:innen von saysorry.org fällt in die Gedenkwoche für die Opfer der Wachtturm-Organisation, die von Betroffenenorganisationen jedes Jahr begangen wird, dieses Jahr mit dem Fokus sexualisierte Gewalt gegen Kinder.

4. Aufruf an Betroffene sich bei der Aufarbeitungskommission zu melden

Die Aufarbeitungskommission sammelt weiterhin Berichte Betroffener sexualisierter Gewalt innerhalb der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas. Je mehr Betroffene sich bei der Kommission melden, desto überzeugender kann diese gegenüber Politik und Gesellschaft auftreten.

Gerne vermittelt JZ Help Kontakte zu ehemaligen Mitgliedern der Zeugen Jehovas, die gegenüber Medienschaffenden zu den verschiedenen Problembereichen (Ächtung, Blutverbot, Suizid oder sexualisierte Gewalt) Auskunft geben.
Berichte von Betroffenen der Rubrik Überlebenswege auf jz.help.

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Saysorry.org

Das Team von „Say Sorry“ informiert über Gesetzesverstöße und Leid verursacht durch die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas. Durch Aufklärungsarbeit und Beratung von Regierungs- und Gesetzesbehörden, darunter die Royal Commission on Child Abuse, hat das Team von “Say Sorry” maßgeblich dazu beigetragen, dass die Wachturm-Organisation zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

JZ Help e.V.

JZ Help ist ein Zusammenschluss von religiös und weltanschaulich unabhängigen Menschen aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, über Menschenrechtsverstöße bei den Zeugen Jehovas aufzuklären und bieten eine Anlaufstelle für Betroffene und Fachpersonen im deutschen Sprachraum.

Wachtturm-Opfer-Gedenkwoche vom 24. – 30. Juli 2023

Der internationale Wachtturm-Opfer-Gedenktag vom 26. Juli wurde von Aktivistinnen und Aktivisten im Jahr 2014 ins Leben gerufen. An diesem Tag bzw. in der Woche rund um den 26. Juli wird weltweit durch verschiedene Aktionen an die Opfer der Wachtturm-Organisation erinnert. Dieses Jahr thematisiert JZ Help das Problem sexuallisierter Gewalt innerhalb der Zeugen Jehovas. Der Gedenkanlass ist auch allen Menschen außerhalb und innerhalb der Wachtturm-Organisation gewidmet, die infolge des geforderten Kontaktverbots und der Ächtung ihre nächsten und liebsten Menschen verloren haben. Besonders soll auch all jener Menschen gedacht werden, die wegen der religiösen Doktrin starben: Weil sie so verzweifelt waren, dass sie sich das Leben nahmen oder wegen des sog. Blutverbots.