Aktualisierung vom 27.04.2023:
Das Bezirksgericht Oslo hebt die zwischenzeitliche, von Jehovas Zeugen erwirkte, einstweilige Verfügung vom 30.12.2022 auf.
Hier geht es zur aktuellen Übersicht.
Aktualisierung vom 22.12.2022:
Die Staatsverwalterin von Oslo und Viken hat beschlossen, Jehovas Zeugen die Registrierung als Religionsgemeinschaft nach dem Religionsgemeinschaftsgesetz zu entziehen.
Die Zeugen Jehovas haben in Norwegen die staatlichen Zuschüsse verloren. Im Lagebericht der Leitenden Körperschaft vom 2. Dezember 2022 erläutern Anthony Morris III, Mitglied der Leitenden Körperschaft, und Jorgen Pedersen, Vertreter des skandinavischen Zweigs, die Streichung dieser staatlichen Zuschüsse. Sie bezeichnen diesen Schritt als «verfassungswidrig» und als «Angriff» auf die Religionsfreiheit. S. dazu auch diesen Artikel in Englisch bei avoidjw.org oder den folgenden Artikel.
Auch in Deutschland stellte das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 27. November 2020 Ansatzpunkte für eine aggressive Entfremdung von Gesellschaft und Staat und die Missachtung fundamentaler Menschenrechte fest. Das ifw – Institut für Weltanschauungsrecht stellt in einem Kommentar fest, dass die Zeugen Jehovas im Anerkennungsverfahren zum Körperschaftsstatus (KdöR) falsche oder beschönigende Angaben gemacht haben und deshalb die Verleihung des Körperschaftsstatus folglich rückgängig gemacht werden muss.
Verweigerte Staatshilfe: Zeugen Jehovas erwägen rechtliche Schritte
Zeugen Jehovas: Die internationale Führungsspitze der Zeugen Jehovas sagt in einem neuen Video, dass sie sich niemals unter Druck setzen lassen werde, ihre biblische Position zu ändern.
Artikel in der norwegischen Zeitung Vårt Land vom 6. Dezember 2022
Übersetzung von JZ Help
Von Caroline Teinum Gilje, Journalistin
06/12/2022
Die norwegischen Behörden haben bezüglich der Praxis der Zeugen Jehovas zum Ausschluss von Mitgliedern streng durchgegriffen. Ihnen werden nicht nur staatliche Subventionen für 2021 verweigert, wie das Ministerium für Kinder und Familie kürzlich bestätigt hat, sondern sie laufen auch Gefahr, ihre Registrierung als Religionsgemeinschaft zu verlieren.
Bisher hat sich nur das Zweigbüro der Zeugen Jehovas für Skandinavien zu der Entscheidung der Regierung geäußert, die Unterstützung zu verweigern – eine Entscheidung, die ihrer Meinung nach unter anderem die Religionsfreiheit verletzt. Jetzt äußert sich auch die internationale Führung der Zeugen Jehovas dazu. Dies geschieht in einem Video für Mitglieder, das vor dem Wochenende auf der Website der Glaubensgemeinschaft veröffentlicht wurde.
«Die Behörden in Norwegen haben damit gedroht, uns die Registrierung als Religionsgemeinschaft zu entziehen, weil wir uns an das halten, was die Bibel über Ausgrenzung sagt. In Zukunft werden mehr säkulare Regierungen versuchen, unsere Religionsfreiheit in Frage zu stellen. Sie mögen versuchen, uns unter Druck zu setzen, unsere biblische Haltung zu ändern. Aber das werden wir nie», sagte Anthony Morris von der Leitenden Körperschaft.
Die Leitende Körperschaft
Die Leitende Körperschaft besteht aus acht männlichen Mitgliedern und hat ihren Sitz in Warwick, New York. Das Gremium ist verantwortlich für die biblischer Anleitung der Zeugen Jehovas auf der ganzen Welt, die Überwachung der öffentlichen Predigtarbeit sowie die Verwendung der bereitgestellten Mittel, heißt es auf der Website der Zeugen Jehovas.
Im Video sagt Morris, dass im mitteleuropäischen Zweigbüro der Zeugen Jehovas eine neue Abteilung eingerichtet wurde. Sie wird die Arbeit zur Verteidigung der Religionsfreiheit der Zeugen Jehovas in Europa organisieren, so Morris.
Er weist darauf hin, dass sich einige wahrscheinlich fragen werden, warum eine solche Abteilung notwendig ist, da die Arbeit der Zeugen Jehovas «seit vielen Jahren in Europa gut etabliert» ist. Aber er selbst sei sich darüber im Klaren, dass das nötig sei, was er wie folgt veranschaulicht:
«Zum Beispiel: Vor nicht allzu langer Zeit haben die Behörden in Norwegen entschieden, dass Jehovas Zeugen keine staatlichen Subventionen mehr bekommen sollen, eine Leistung, die andere registrierte Religionsgemeinschaften erhalten.»
Unterstützung von der neuen Abteilung In einem Clip erzählt Jørgen Pedersen von der Informationsabteilung der Zeugen Jehovas in Skandinavien, wie sie die Entscheidung der norwegischen Behörden, die Unterstützung zu verweigern, sowie die Mitteilung über den möglichen Verlust der Registrierung erlebt haben. «Jetzt sind uns staatliche Zuschüsse verweigert worden, während gleichzeitig über 700 registrierte Religionsgemeinschaften noch Zuschüsse vom Staat erhalten.» Diese Entscheidung sei verfassungswidrig und ein historischer Angriff auf die Religionsfreiheit in Norwegen, kommentiert Pedersen im Video. Die Zuschüsse für die 12.686 Mitglieder der Zeugen Jehovas beliefen sich im vergangenen Jahr auf ungefähr 16 Millionen NOK. Pedersen sagt, man überlege nun mit Hilfe der neu eingerichteten Abteilung für Religionsfreiheit, welche rechtlichen Schritte man einleiten könne. «Gleichzeitig suchen wir den Dialog mit den Behörden und bitten um eine einvernehmliche Lösung dieser Situation», so Pedersen. |
Endgültige Entscheidung
Hintergrund der Verweigerung staatlicher Subventionen waren die Berichte ehemaliger Mitglieder der Zeugen Jehovas über Ausschluss und Ächtung, die vergangenes Jahr beim Ministerium für Kinder und Familien eingegangen waren. Das Ministerium bat daher die Staatsverwalterin in Oslo und Viken, die eigenen Erklärungen und Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas zu überprüfen.
Die Staatsverwalterin glaubt, bei dieser Überprüfung mehrere Verstöße gegen das Gesetz über Religionsgemeinschaften aufgedeckt zu haben, und verweigerte ihnen daher die Unterstützung für 2021, schrieb Vårt Land im Januar dieses Jahres.
Doch die Zeugen Jehovas waren mit der Entscheidung nicht einverstanden und legten Berufung ein. Sie glauben unter anderem, dass «höchste Gerichte auf der ganzen Welt» wiederholt festgestellt haben, dass Ausschluss ein «vollkommen legales religiöses Verfahren ist, das durch die Religions- und Versammlungsfreiheit geschützt ist».
Nach Prüfung der Berufung kam die Staatsverwalterin zum Schluss, dass sie die Entscheidung aufrechterhält. So landete der Fall auf dem Tisch des Ministeriums für Kinder und Familien, wo die Berufung erneut abgewiesen wurde. Die Entscheidung ist damit endgültig und kann nicht angefochten werden.
Termin verschoben
Nach der Entscheidung des Ministeriums wird die Staatsverwalterin prüfen, ob die Zeugen Jehovas auch ihre Registrierung als Religionsgemeinschaft verlieren. Es würde dann geprüft, ob die Umstände, die zur Verweigerung der Subventionen führten, auch Auswirkungen auf die Registrierung haben könnten, so die Staatsverwalterin in ihrer Mitteilung an die Zeugen Jehovas im Oktober.
Die Religionsgemeinschaft erhielt vier Wochen Zeit, um die Umstände, die zur Ablehnung von Zuschüssen führten, zu korrigieren, und sie wurde gebeten, dies zu dokumentieren.
Die skandinavische Kommunikationsabteilung der Religionsgemeinschaft teilt mit, dass sie innerhalb der bis zum 20. Dezember verlängerten Frist eine schriftliche Antwort an die Staatsverwalterin senden wird.
Sollten Zeugen Jehovas ihre Registrierung als Religionsgemeinschaft verlieren, verlieren sie das Recht, staatliche Subventionen zu beanspruchen. Außerdem erlischt ihr Recht auf Eheschließung. Laut der Staatsverwalterin steht es ihnen jedoch frei, ihre Religion und ihre Aktivitäten unabhängig von einer öffentlichen Registrierung auszuüben.
«Grundrecht»
Vårt Land hat die Zeugen Jehovas gefragt, ob sie ihre Ausschlusspraktiken angesichts der Erklärungen der Leitenden Körperschaft «korrigieren» werden.
«Von Jehovas Zeugen zu erwarten, dass sie ihre religiösen Lehren und Praktiken in Norwegen oder sonst wo auf der Welt ändern, heißt, das Grundrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit zu ignorieren. Während der Besetzung durch die Nazis wurden Zeugen Jehovas in Norwegen brutal verfolgt, weil sie an ihrem religiösen Glauben festhielten, indem sie sich weigerten, Waffen zu tragen und „Heil Hitler“ zu sagen», schreibt Fabian Fond von der skandinavischen Kommunikationsabteilung der Religionsgemeinschaft an Vårt Land.
Er weist darauf hin, dass Jehovas Zeugen «in über 200 Ländern als gesetzestreue Bürger bekannt sind, die großen Respekt vor den Behörden haben».
«Alles, was Jehovas Zeugen tun wollen, ist, ihren Glauben in Norwegen friedlich weiter zu praktizieren, wie sie es in den letzten 130 Jahren getan haben», schreibt er.
Zeugen Jehovas Die Zeugen Jehovas sind eine Religionsgemeinschaft. Sie lehren, dass die Bibel von Gott (Jehova) geschrieben wurde, mit der Hilfe von Autoren, die unter Gottes Anleitung standen. Daher wird die Bibel als Gottes unfehlbares und verlässliches Wort und als einzig notwendige Richtschnur in allen Lebensfragen verstanden. Die Zeugen Jehovas wurden in den 1870er Jahren in den Vereinigten Staaten gegründet, zunächst als Bibelstudiengruppe. Schließlich entwickelten sie sich unter der Führung von Charles Taze Russell (1852-1916) zu einer Religionsgemeinschaft. Nach eigenen Angaben waren die Zeugen Jehovas im Jahr 2020 in 240 Ländern aktiv und hatten 8.424.185 Mitglieder (aktive Prediger) verteilt auf 120.387 Gemeinden. Kinder und andere, die keine aktiven Prediger sind, kommen hinzu. Quelle: Great Norwegian Lexicon und jw.org |