In ihren Publikationen, die Teil des Religionsrechts sind, lehren Zeugen Jehovas strikt, dass es bei ihnen keine Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien gibt. Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Deutschland und dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte behaupteten sie jedoch, dass es sehr wohl Geistliche gäbe. Haben Zeugen Jehovas bewußt die Justiz belogen? Dazu passt , dass der Zeugen Jehovas Anwalt A. Pikl die Äußerung „Jehovas Zeugen sind eine Laienreligion ohne Priester“ als angeblich unwahr abmahnt.
Die Lehre – keine Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien
Nachfolgend sind einige Zitate aus den offiziellen Webseiten und den Publikationen von Jehovas Zeugen aufgeführt:
Im vorgenannten Zitat wird eindeutig betont, dass es keine Trennung zwischen Geistlichen und Laien gibt. Älteste werden nicht als Geistliche bezeichnet.
Unter der Überschrift „Wöchentliche Zusammenkünfte“ heißt es:
10. Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien
[…] Bei den ersten Christen, darunter auch die Bibelschreiber, gab es keinen Klerus. Jehovas Zeugen halten sich an dieses biblische Vorbild. (Erwachet, August 2010, Überschrift „Was Glauben Jehovas Zeugen?“)
Daher geht die Trennung in Geistliche und Laien keinesfalls auf das Beispiel der Apostel Jesu und der Urchristen zurück. Ist sie deshalb verkehrt? Gemäß der Bibel, ja.
[…] Leider wird diese von Gott kommende Anweisung mitunter missachtet, und die Bindung der Menschen an Gott leidet. Ein Beispiel dafür ist die Trennung in Geistliche und Laien.
[…] Da sich Jehovas Zeugen eng an den biblischen Standard halten, gibt es bei ihnen keine Geistlichenklasse. (Erwachet, August 2009, Überschrift „Die Trennung in Geistliche und Laien: Was ist davon zu halten?“)
„Sie verwerfen die Unterscheidung in Geistliche und Laien. In der Encyclopedia of Religion wird treffend erklärt: ‚Eine Geistlichenklasse und besondere Titel sind unzulässig.’“ (w94 15. 2. S. 7, Überschrift „Wer ist ihr Führer?“)
In der Christenversammlung des ersten Jahrhunderts war eine Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien unbekannt. […]
Die Tatsachen zeigen klar, daß die heutige Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien in der Bibel nicht begründet ist. […] Sollte nicht jeder, der einer Kirche angehört, in der zwischen Geistlichen und Laien unterschieden wird, ernsthaft darüber nachdenken? (Erwachet, 22. Juli 1977, S. 27, 29, Überschrift „Was sagt die Bibel? Ist die Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien biblisch begründet?“)
Sie erkannten, daß die Bibel weder eine Andeutung auf titeltragende Geistliche enthält noch einen Hinweis auf Laien, denen sie predigen. Bruder Russell war fest entschlossen, zu verhindern, daß es unter den Bibelforschern eine Geistlichkeit gab. (Buch: Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes S. 204-205)
Behauptungen vor Gerichten und Unterlassungserklärung A. Pikl
Völlig im Gegensatz zur offiziellen Lehre der Zeugen Jehovas behauptet deren Anwalt A. Pikl in einem Schreiben vom 12.04.2021, dass es Geistliche bei Jehovas Zeugen gäbe. Wie auch in anderen Fällen sind wir der Meinung, dass die Leitung von Jehovas Zeugen höchste Gerichte bewußt belogen haben, um ungerechtfertigte Vorteile zu erschleichen.
„Die Religion der Zeugen Jehovas ist eine Laienreligion ohne Priester.“
Diese Behauptung ist unwahr. In dem Statut von Jehovas Zeugen ist unter anderem normiert, wie die Ernennung in geistliche Ämter der Religionsgemeinschaft erfolgt (§3 Abs. 3 StRG) und was dieses geistliche Amt beinhaltet (§ 14 StRG).
Außerdem sei auf die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20.08.1993 – 8 C 18.93) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Case of Löffelmann v. Austria, June 12 2009, no. 49686/99) hingewiesen. Beide Gerichte haben in den vorgenannten Entscheidungen anerkannt, dass bereits das Amt eines Dienstamtgehilfen (Diakon), das dem Amt eines Ältesten vorgelagert ist, mit dem eines Geistlichen – und somit „Priester“ – der beiden Großkirchen vergleichbar ist.
Das Statut von Jehovas Zeugen KdöR steht im Gegensatz zur Lehre
Im Gegensatz zur offiziellen Lehre der Zeugen Jehovas stehen die Aussagen im Statut der KdöR.
Interessanterweise kommt der Begriff „Geistlicher“ jedoch nicht im Statut vor. Dort wird der Begriff „geistliches Amt“ verwendet.
Statut der Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen in Deutschland, K. d. ö. R. (StRG), Stand 22.01.2020
„Das Zweigkomitee ist zuständig für die Ernennung in geistliche Ämter der Religionsgemeinschaft sowie für die Abberufung […]“ (§3, Abs. 3)
„(2) Die in Abs. 1 beschriebene Einstellung ist auch Grundlage für die Ausübung aller geistlichen Ämter, die von der Religionsgemeinschaft gemäß Religionsrecht verliehen werden. Geeignete Mitglieder werden in die zu besetzenden geistlichen Ämter, die auf Dauer angelegt sind, berufen. Die Ausübung des geistlichen Amts ist ein höchstpersönliches Recht, das nicht vertretungsweise wahrgenommen werden kann.“ (§14)
Weitere Informationen zum Religionsrecht der Zeugen Jehovas finden Sie hier.