ÜberLebensweg – Irina Miller aus Felsberg

Irina aus Felsberg
1. Wie bist du zu den Zeugen Jehovas gekommen? 

Als ich geheiratet habe, hat mein Mann seine Verwandten nach Hause gebracht mit der Aufgabe, sie sollen mit mir die Bibel studieren, um mich zu bekehren. Um für ihn eine gute Frau aus mir zu machen. Ich wurde nicht gefragt. Er saß mit mir 6 Monate lang beim Bibelstudium, bis es gewirkt hat. 
Nach 2,5 Jahren habe ich mich taufen lassen. Mein Mann bis heute noch nicht.

2. Wie hast du dein Leben, deinen Alltag in dieser Religionsgemeinschaft erlebt?

Zum größten Teil ging alles gut. Ich hatte viele Freunde in der Versammlung. Langsam wurde mir der Dienst sowie die Versammlungen aber lästig. Ich war oft sehr erschöpft und hatte keine Motivation in den letzten 10 Jahren. Das Warten war noch nie meine Stärke. Auch nicht auf Armageddon und die neue Welt. Auch Trauer war da, dass Gott immer noch nicht eingriffen hat.

3. Wie kam es, dass du nun kein Mitglied der Zeugen Jehovas mehr bist?

Im Jahre 2018 bekam ich eine Nachricht am Telefon. Aus meiner ehemaligen Versammlung sind mehrere Brüder ausgestiegen. Insgesamt waren das dann ca. 25 Mitglieder innerhalb von 6 Monaten. Das hat mich geschockt und ich habe angefangen, die Gründe und Informationen zu suchen. Zum Beispiel über Pädophilie in der Organisation, über Gelder und Investitionen in Waffen- und Tabakindustrie und über die Blutfrage.

4. Wie stark warst du im Glauben und in der Gemeinschaft verankert? 
Wann und warum hast du begonnen zu zweifeln und deinen Glauben in Frage zu stellen?

Wie meine Verwandten sagen, ich war schon ziemlich fanatisch. Ja, ich habe versucht nach den biblischen Regeln zu leben. Das hat mir leider keine Freude gebracht, sondern nur Stress.
In der Gemeinschaft hatte ich den Sinn meines Lebens und auch Familie gesehen.

5. Bist du von Ächtung betroffen? Wenn ja, in welchem Ausmaß?

Von heute auf morgen wurde ich von Brüdern und Schwestern gemieden. Ich hatte versucht sie zu informieren, warum ich nicht mehr komme. Auch mein Mann hat mich allem voran zuhause geächtet. 
Das alles war sehr schmerzhaft. Ich war aber bereit, das auszuhalten, da der Grund, warum ich ausgestiegen bin sehr ernst war. Ich habe erkannt, dass die Zeugen Jehovas eine totalitäre und menschenverachtende Sekte sind. Sie manipulieren die Menschen und decken wohl Kinderschänder, was ich kriminell finde.
Mein Sohn hat mit mir die Sekte verlassen. Mein Mann ist zwar nach wie vor ein Zeuge Jehovas, aber nicht mehr so fanatisch wie vor der Pandemie. Alle meine Verwandten, die mit mir studiert haben und in Russland leben haben den Kontakt zu mir abgebrochen. In Deutschland habe ich keine Verwandten.

6. Wie geht es dir heute? Mit welchen Auswirkungen hast du noch zu kämpfen?

Heute geht es mir viel besser. Ich habe viele neue Menschen kennengelernt. Ich helfe da, wo ich kann über meinen YouTube-Kanal und kläre die Leute auf. Aber Ängste habe ich nicht.
Mich kontaktieren viele Zeugen Jehovas, die sehr verängstigt und deprimiert sind. Sie unterstütze ich gerne.

7. Welches Fazit ziehst du für dich persönlich aus deiner Vergangenheit?

Es war mein Leben, das ist meine Erfahrung. Ich behalte alles Positive. Schlechtes blende ich aus.
Ich habe erkannt, was Manipulation und Bewusstseinskontrolle sind, und das wird mir in Zukunft auf jeden Fall helfen. Nun muss neu lernen, selbst zu denken und zu handeln.

8. Welchen Rat möchtest du Interessierten der Glaubensgemeinschaft bzw. bereits zweifelnden Mitgliedern mitgeben?

Bitte informiert euch gut!
Schaut nach typischen Merkmalen von Sekten. Seid vorsichtig!
Heutzutage suchen wir z.B. nach einem Arzt über Erfahrungen und Bewertungen, welche andere Patienten gemacht haben. Hier bei den Zeugen Jehovas kann man auch nach Erfahrungen suchen und Berichte von Aussteigern lesen. Warum sind sie ausgestiegen?
Haltet Euch von Zeugen Jehovas fern!

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