Maru Peca – Interview in Deutsch als Text

Übersetzung des Interviews bei fanpage.it

Seit Februar 2014 habe ich meine Kinder nicht mehr gesehen, damals verstarb mein erster Mann, der Vater meiner Kinder. Fünf Jahre sind seither vergangen. Für sie bin ich eine Satansanbeterin. Denn die Zeugen Jehovas sagen, dass diejenigen, die die Glaubensgemeinschaft verlassen, geistig krank sind. 

Maru war fast 50 Jahre lang den Lehren der Zeugen Jehovas treu.

„Als ich mich entschloss, meinen Ehemann zu verlassen und wieder zu heiraten, wurde ich ausgeschlossen. Meine Kinder wollen mich nicht mehr sehen. 

Ich hab die Zeugen Jehovas durch meine Großmutter kennen gelernt, die eine wundervolle, sehr liebevolle Frau war. 1964 ließ ich mich taufen. Daraufhin folgte für mich jedoch eine sehr schwierige Zeit auf Grund des Todes meiner Großmutter, ein Jahr nach meiner Taufe, also als ich 15 war. Ein Jahr später starb auch meine Mutter und ich wusste damals nicht, wo ich hingehen sollte. Ich hatte niemanden mehr. Eine Familie von Jehovas Zeugen jedoch war bereit, mich aufzunehmen, und von da an lebte ich bei ihnen für zwei Jahre. Ich muss sagen, sie behandelten mich gut, waren sehr lieb. Nur einmal erhielt ich eine „Watschn“, weil ich meinen Mann kennengelernt hatte und er mir, als er mich mit dem Auto nach Hause brachte, vor dem Haus ein Küsschen auf die Wange gab.“ (Sie war da 16 Jahre alt).

Sie heiratet sehr jung im Alter von 17 Jahren. Die Ehe mit einem Ältesten der Zeugen war jedoch sehr unglücklich, so dass sie letztendlich daran dachte, sich umzubringen.

„Die Ehe … nach dem ersten Jahr hätte ich eigentlich weggehen müssen, da es mir in dieser Ehe nicht gut ging – aber ich bin geblieben, 35 Jahre lang. Es kam mir nicht einmal in den Sinn, wegzugehen. Ich kam wirklich nicht auf die Idee, wegzugehen. 

Wir hatten ein schönes Haus, ich hatte eine wundervolle Küche, ich habe schon immer sehr gerne gekocht, aber in der letzten Zeit meiner Ehe hatte ich Angst davor, in die Küche zu gehen, da ich wusste, dass dort in der Schublade die großen Messer waren, die mit denen man Fleisch oder Brot schneidet. Ich hatte Angst, dass ich eines Tages eines dieser Messer nehmen würde, um mich umzubringen. Ich hätte niemandem anders weh getan, nur mich selbst wollte ich umbringen.

Und da habe ich begonnen, darüber nachzudenken, dass ich so nicht weiter machen konnte. Ich dachte: ‚Weshalb soll ich mich umbringen? Ich hab nun schon 35 Jahre gelitten, hab immer das getan, was von mir erwartet wurde. Ich habe mich immer für die Versammlung eingesetzt, aber es war nie genug, es war nie ausreichend. Ich erinnere mich, dass ich in den Zusammenkünften, auf den Kongressen, oft dachte, warum putzt mich denn der Sprecher ständig herunter, ich hab doch nichts Böses getan? Ich hätte mich nur trennen können von meinem Ehemann, hätte nie wieder heiraten dürfen. Die einzige Möglichkeit, aus dieser Ehe rauszukommen, war quasi der Ehebruch. Ich musste Ehebrecherin werden, um jemals wieder heiraten zu können.“

Maru fand den Mut, ihr Leben zu verändern und wieder zu heiraten, aber sie verlor ihre Kinder, sie wurde eine Ausgeschlossene.

„Ich habe meine Kinder nicht mehr gesehen, seit mein erster Ehemann verstorben ist. Fünf Jahre sind vergangen. Für sie bin ich eine Satanistin. Die Zeugen Jehovas sagen, dass die Personen, die die Glaubensgemeinschaft verlassen, geistig krank sind. Aber es tut mir so leid um sie, denn ich weiß, dass auch meine Kinder leiden. Ich hoffe nur, dass meine Kinder, so wie zur Zeit viele andere Zeugen Jehovas, verstehen, was mit ihnen in dieser Organisation geschieht, dass man ihnen wirklich das Gehirn vernebelt. Meine Kinder sind wunderbar, intelligent, arbeiten, sind brav, ordentlich. Ich hätte nichts, worüber ich mich ärgern oder beschweren müsste, sie sind in Ordnung. Ich bin schuld, denn ich habe euch in diese Religion gebracht, weil ich mit meinem ganzen Herzen geglaubt habe, dass es richtig sei und ich war überzeugt davon. Leider musste ich begreifen – und das war für mich eine große Enttäuschung – dass hinter all diesem etwas sehr sehr Schlimmes und Böses steckt. Ich hoffe nur, dass ihr, wie viele andere, das auch verstehen werdet, und dass wir uns wieder vereinen können. Auch, wenn ihr Zeugen Jehovas bleiben möchtet, das macht mir nichts aus, bleibt dabei. Wichtig ist, dass ihr zu mir kommt, kommt, dass wir uns sehen, uns umarmen, dass wir im Guten zusammen sein können. “