Übersetzung des Artikels bei fanpage.it
Maru, eine Zeugin Jehovas für quasi 50 Jahre.
Eine schwierige Ehe, ein Leben in einer spirituellen Organisation, all das hat sie in eine solche Verzweiflung getrieben, dass sie daran dachte, sich umzubringen. Sie wurde ausgeschlossen aus der Gemeinschat und seither wollen ihre drei Kinder, die alle Jehova treu sind, sie nicht mehr sehen. Auf fanpage.ithat Maru ihre langjährige Glaubenserfahrung erzählt und warum sie sich entschlossen hat, die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas zu verlassen.
“Ich war so verzweifelt, dass ich dachte, ich nehme ein Messer und mache allem ein Ende. Ich hab gedacht, .Entweder gehe ich, oder ich bringe mich um’.”
Das war der Moment, in dem ich mich entschieden habe, die Zeugen Jehovas zu verlassen.
Maru war vor 69 Jahren in Nürnberg geboren worden. Für quasi 60 Jahre folgte sie treu den religiösen Lehren, die ihr von klein auf durch ihre Großmutter beigebracht worden waren.
Eine schwierige Ehe mit einem Ältesten einer Versammlung der Zeugen Jehovas, das Leben innerhalb der spirituellen Organisation, all das hat sie so weit gebracht, dass sie an Selbstmord dachte.
Nach ihrem Gemeinschaftsentzug durch die Organisation der Zeugen Jehovas möchten ihre drei Kinder – die alle drei Jehova treu sind – keinerlei Kontakt mit ihr haben. Jetzt ist sie in Rente und lebt seit einigen Jahren in Torrecuso, in der Nähe von Benevento. Auf fanpage.it hat Maru ihre lange Erfahrung innerhalb der Organisation der Zeugen Jehovas erzählt und auch die Gründe, die sie veranlasst haben, ihre Reigion zu verlassen.
„Mit 14 Jahren bin ich eine Zeugin Jehovas geworden“
„Meine Eltern waren nicht verheiratet: Meine Mutter hatte ein sehr turbolentes Leben, als ich geboren wurde, war mein Vater verschwunden. Ich wusste nur, dass er ein Italiener war, sonst nichts. Daher bin ich bei meinen Großeltern mütterlicherseits aufgewachsen. Meine Großmutter mütterlicherseits zog mich von Anfang an im Kult der Zeugen Jehovas auf.“ Ich ging mit ihr in die Zusammenkünfte und mit 14 Jahren ließ ich mich taufen. Ich war gerade 15 Jahre, als meine Großmutter starb und ein Jahr später meine Mutter. Von da an war ich alleine gelassen.“
Maru lebt ab da in einer Familie von Zeugen Jehovas und bleibt dort für zwei Jahre. „Ich war sehr dankbar, dass sie mich aufgenommen hatten. Erst viele Jahre später verstand ich, dass es der deutsche Staat war, das Jugendamt, der für meinen Aufenthalt bei ihnen bezahlte.“
Im Jahr 1966, während eines Kongresses der Zeugen Jehovas in Nürnberg, lernte sie einen jungen Zeugen Jehovas kennen, der dann ihr Ehemann wurde. „Ich war gerade mal 17 Jahre alt, als wir heirateten.“
Eine schwierige Ehe mit einem Ältesten der Zeugen Jehovas
Nach der Hochzeit lebt das Paar in der Nähe von Frankfurt. „Unsere Ehe war von Anfang an sehr schwierig,“ erinnert sich Maru. „Mein Mann wurde später ein Ältester bei den Zeugen Jehovas, der innerhalb der Gläubigen ein Gesicht zeigte, aber wenn er nach Hause kam, wie eingefroren war. Er lehrte andere, wie man das Familienleben glücklich gestalten könne, mit mir jedoch verhielt er sich, als sei ich eine Fremde. „Für die Zeugen Jehovas“, so fährt Maru fort, „hat die Frau nur einen geringeren Wert, und so hat er mich mit großer Missachtung behandelt.“ „Wenn ich die Vergangenheit so betrachte,“ fährt Maru fort, „hätte ich ihn eigentlich sofort verlassen sollen, aber ich bin die nächsten 35 Jahre bei ihm geblieben.“
Maru verläßt die Zeugen Jehovas nach quasi 50 Jahren
Im Jahr 2002, nach quasi 50 Jahren, entschließt sich Maru, die Zeugen Jehovas zu verlassen.
„Ich fühlte mich ständig bedrückt, ich war nicht mehr in der Lage, all diese Regeln zu ertragen, die mir vorschrieben, wie ich mich zu kleiden hatte oder wie ich mich auf eine bestimmte Weise zu benehmen hatte. Ich fühlte mich wie ein Roboter, auch wenn ich von Haus zu Haus predigen ging. Ich konnte nicht meine eigenen Worte verwenden, sondern nur das, was mir beigebracht worden war. Ich war sehr eifrig in meiner Versammlung und doch wurde ich oft ermahnt, weil das, was ich tat, nicht genügte.“
„Die religiösen Lehren sind äußerst widersprüchlich. Angefangen mit den Vorhersagen über den Krieg von Harmagedon, die sich als falsch erwiesen hatten und die deshalb ständig geändert wurden.
Oder die Lehre, die das Verbot des Militärdienstes betraf. Früher gingen die ‚’Glaubensbrüder’ ins Gefängnis, weil sie dem Gestellungsbefehl nicht folgten. Später jedoch, in den 80er Jahren, erlaubten die Anweisungen der Zeugen Jehovas jedoch die Teilnahme am Zivildienst. Was sollte nun aber mit all den so treuen Gläubigen geschehen, die vorher im Gefängnis gelandet waren, weil sie diese Glaubenslehre respektiert hatten? Was mich betrifft, so hatte ich immer gehofft, nie einen Sohn zu haben, um niemals dieser Situation ausgesetzt zu sein.“
„In unseren Zeitschriften hieß es:
‚Es ist nichts Schlechtes daran, wenn jemand die Lehren und Praktiken einer religiösen Gruppe aufdeckt, wenn er sie für falsch hält.‘
Diese Möglichkeit, den Glauben einer Diskussion auszusetzen, gilt jedoch nur für einen Katholiken, einen Protestanten oder für irgend jemand einer anderen Religion, der ein Zeuge Jehovas werden möchte. In Wirklichkeit ist jedoch keinerlei Kritik innerhalb der Organisation der Zeugen Jehovas erlaubt.“
„Meine drei Kinder wollen mich nicht mehr sehen.“
Aus ihrer Ehe hat Maru drei Kinder, alle drei Zeugen Jehovas.
„Nach der Trennung von meinem Ehemann habe ich einen anderen Mann kennen gelernt. Als ich das meinen Kindern erzählte, haben sie das sofort den Versammlungsältesten erzählt. Ich wurde zu einer Verhandlung vor einem Rechtskomitee eingeladen; das war mir jedoch damals bereits egal, so bin ich nicht dort erschienen. Erst später habe ich begriffen, dass ich ausgeschlossen worden war.“
„Sie lehren, dass ‚sich niemand verpflichtet fühlen sollte, an einer Form der Religionsausübung festzuhalten, die er für nicht akzeptierbar hält oder zwischen seinen eigenen Überzeugungen und seiner eigenen Familie wählen müssen sollte, seit ich jedoch nicht mehr Teil der Organisation der Zeugen Jehovas sein will, wollen mich meine Kinder nicht mehr sehen. Das letzte Mal, dass ich sie traf, war aus Auslass des Todes meines Ex-Ehemannes. Als ich zur Gedenkzeremonie im Königreichssaal (der Anbetungsstätte die von den Zeugen benutzt wird), eintraf, haben mich meine Kinder sehr kurz angebunden begrüßt. Bei einer meiner Töchter konnte ich zwei Nächte übernachten, aber dann hat sie mich gebeten, zu gehen. Ich habe auf der ganzen Heimreise nach Italien geweint.“
„Nur eine perverse Organisation kann ihren Jüngern vorschreiben, keinen Kontakt mit ihren Großeltern, ihren Eltern und Kindern zu haben, nur weil diese sich vom Glauben entfernt haben.“ „Man braucht eine große seelische Kraft, um den Schmerz zu überwinden, seine eigene Familie auf Grund des Glaubens zu verlieren– schließt Maru ab – aber ich hoffe, dass meine Kinder irgendwann verstehen werden, dass sie einen großen Fehler begehen.“