Der Anwalt von Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR (JZiD) lancierte ein Klageerzwingungsverfahren gegen die Generalsstaatsanwaltschaft in Berlin wegen der Nichtverfolgung einer Anzeige wegen Volksverhetzung, Billigung von Straftaten, Störung des öffentlichen Friedens, Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung und Beschimpfung von Religionsgemeinschaften.
Dem Verfahren liegt ein Artikel der Bild-Zeitung vom 11.03.2023 zugrunde, der im Zusammenhang mit der Amoktat in Hamburg am 09.03.2023 erschien. In dem Artikel wird die Beschuldigte wie folgt zitiert:
„Die Tat hat mich schockiert, aber nicht wirklich überrascht. Viele Mitglieder, die bei den Zeugen Jehovas ausgestiegen sind, sind schwer traumatisiert. Der Druck in den Gemeinden ist enorm hoch und die Regeln extrem streng.“
JZiD behauptet, dass diese Aussagen
„versuchen die Gefühle der Adressaten, der Leser, zur feindseligen Haltung gegen Jehovas Zeugen anzureizen, dadurch zu Hass gegen JZiD und ihre Mitglieder aufstacheln, wodurch der öffentliche Frieden gestört werde […] dass die Opfer sowie die Gesamtheit der Mitglieder der Antragstellerin (JZiD) wegen ihres Glaubens sogar getötet werden dürften, sie also kein Recht auf Leben hätten, geschweige denn das Recht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft zu leben […] Der Antragstellerin (JZiD) werde fälschlicherweise unterstellt, Straftaten zu begehen bzw. zudem derart auf Menschen einzuwirken, dass diese eine Bedrohung für die Bevölkerung und den Staat in seiner Gesamtheit würden.“
Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte von strafrechtlichen Ermittlungen abgesehen und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hatte die Beschwerde der JZiD zurückgewiesen.
Der 6. Strafsenat des Kammergerichts hat nunmehr am 16.07.2024 entschieden die Klage in allen Punkten abzuweisen.
In der Entscheidung des Kammergerichts heißt es unter anderem:
„Kritik an einem Bekenntnis, einer Religionsgesellschaft etc. ist gleichwohl grundsätzlich erlaubt; das gilt auch für bissige, provozierende, ironische oder alberne Kritik […] Das Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung gibt weder den Religionsgesellschaften noch deren Mitgliedern einen Anspruch darauf, dass der Staat durch seine Gerichte eine – auch scharfe – öffentliche Kritik an ihrer Tätigkeit unterbindet […] Sie enthalten formal keine Schimpfworte oder sonst rohen Ausdrücke, und inhaltlich steht bei ihnen der kritische Diskurs über die Antragstellerin (JZiD) […] im Vordergrund.“